Ob für Mensch-Roboter-Interaktionen, neue Baustoffe, E-Bikes oder IT-Anwendungen: In Baden-Württemberg gibt es viel Wachstumspotenzial für diese Märkte, angesichts der rasanten Transformation fällt es vielen Menschen aber schwer, heute die richtigen Entscheidungen für Technologien oder Produkte von morgen zu treffen. Der vom Fraunhofer ISI mitentwickelte »Zukunftsscanner für die Innovations- und Wirtschaftsakteure in Baden-Württemberg« zeigt mit Presseartikeln und wissenschaftlichen Kurztexten wichtige Trendsignale und gibt damit Orientierung für die Zukunft.

Im Auftrag des baden-württembergischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO den kostenlosen »Zukunftsscanner für die Innovations- und Wirtschaftsakteure in Baden-Württemberg« entwickelt. Die digitale Plattform wertet rund 90.000 Presseartikel weltweit aus und veranschaulicht thematische und globale Zusammenhänge, die für die Innovationen von morgen relevant sind.

Elna Schirrmeister vom Competence Center Foresight am Fraunhofer ISI erklärt das Vorgehen: »Die Nutzung von Nachrichten für die Trendanalyse bietet einige Vorteile für eine wissenschaftliche Auswertung von Trendsignalen. Durch die Kombination nationaler und internationaler Nachrichtenquellen haben wir mehrere Themen gefunden, die weltweit immer wichtiger werden. Die Transformation fordert, Entwicklungen zusammen zu denken, die zunächst sehr entfernt zu sein scheinen. Entwicklungen in Shanghai können auch für den Standort Schwäbisch Gmünd relevant werden.«

Die Artikel hat das Projektteam zunächst teilautomatisiert ausgewertet, um Signale für regionale, nationale und internationale Wirtschafts- und Technologietrends zu identifizieren. Die automatisiert generierten Themen haben die Wissenschaftler:innen dann nach Relevanz für den Innovationsstandort Baden-Württemberg bewertet, in Interviews und Workshops mit Fachleuten aus Baden-Württemberg reflektiert und die wichtigsten Trends redaktionell aufbereitet.

»Wollknäuel der Zukunft« zeigt Verknüpfungen zwischen Themen

Das vom Fraunhofer ISI programmierte interaktive Tool zeigt durch die Verknüpfung von verlinkten Presseartikeln und wissenschaftlichen Kurztexten mögliche Zukunftswirtschaftswelten und Zukunftsentwicklungen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg in den Themenfeldern Mobilität und Logistik, Tools und Robotik, Gesundheit und Ernährung, Cyber und Service sowie Material und Ressourcen. So entsteht ein »Wollknäuel der Zukunft«: Angefangen bei einem Thema zeigen die Verbindungsfäden Verknüpfungen zu anderen Themen, die für Zukunftsentscheidungen bedacht werden müssen.

Sibylle Hermann vom Fraunhofer IAO sagt dazu: »Der Zukunftsscanner verdeutlicht, dass Silodenken den neuen Herausforderungen nicht mehr gerecht wird. Auch am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg gilt: Wer die Transformation meistern möchte, muss aufhören, in isolierten Branchen zu denken.«

Ein wichtiger Trend bleibt die Digitalisierung – ob Künstliche Intelligenz oder »Low and No Code«. Hierunter versteht man digitale Anwendungen mit geringem oder keinem Programmieraufwand für Unternehmen. Sie bilden aufgrund der fehlenden Fachkräfte einen großen Wachstumsmarkt, da mittelständische Unternehmen damit auch mit deutlich weniger Programmierfachkräften Digitalisierungsprojekte umsetzen können. Eine andere Entwicklung mit großem Wachstumspotenzial sind KI-Anwendungen im Gesundheitsbereich: Sowohl administrative als auch diagnostische Tools werden benötigt, um zeitliche und finanzielle Einsparungen zu erreichen sowie das Personal zu entlasten. Der Zukunftsscanner zeigt die Wachstumspotenziale auf – gerade für kleine Anbieter vor Ort, die persönlicher beraten und unterstützen können.

Nachhaltigeres Bauen und modernere Mobilität

In der Bauindustrie könnte laut dem Forschungsteam eine Anpassung der Regularien dazu beitragen, mit innovativen Materialien in den Städten der Zukunft mehr Nachhaltigkeit zu erreichen: Über Jahrzehnte lag der Fokus auf Energiesparen im Gebäude. Da der Bau aber oftmals ein Vielfaches an Ressourcen im Vergleich zum Betrieb verbraucht, müsse auch hier angesetzt werden. In Baden-Württemberg könnte das lokale Recycling von Gebäudebestandteilen ausgebaut werden und schnell in die architektonische Praxis integriert werden.

Nicht zuletzt brauchen die Städte und Regionen der Zukunft eine andere Mobilität. Hier sind E-Bikes ein wichtiger Faktor: Der Zukunftsscanner zeigt ein sehr dynamisches Marktwachstum für vielfältige E-Bikes, deren Produktion zunehmend in Europa stattfinden könnte – aber auch hier bremst der Fachkräftemangel die Entwicklung aus. Um das Flächenland Baden-Württemberg zur Vorzeigeregion für moderne Mobilität zu machen, ist laut dem »Zukunftsscanner« weitere Unterstützung nötig, etwa durch Fahrradparkplätze mit Ladestationen, Diensträder sowie Fahrrad-Schnellwege und ÖPNV-Anbindung.

Elna Schirrmeister fasst zusammen: »Unser Zukunftsscanner sagt nicht voraus, wie die Zukunft sein wird – aber er gibt die Möglichkeit, sich über wichtige Zukunftsthemen zu informieren und sich auch von Trendsignalen aus Randbereichen inspirieren zu lassen. Wir wollen Unternehmen dabei helfen, robuste und resiliente Zukunftsstrategien zu entwickeln. Das Tool ist aber nicht nur für Unternehmen gedacht, sondern für alle, die sich beruflich neu aufstellen oder sich heute schon mit Themen der Zukunft beschäftigen wollen. Denn die großen Transformationsprozesse hin zu einer Zukunftswirtschaft betreffen uns alle.«

Weitere Informationen zum Zukunftsscanner

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Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.

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