Bereits am 7. Februar 2019 fiel der Startschuss für das Fraunhofer ZESS. Seitdem forschen und entwickeln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Fraunhofer-Institute übergangsweise in Räumlichkeiten des Niedersächsischen Forschungszentrums für Fahrzeugtechnik NFF in enger Kooperation mit der TU Braunschweig und im benachbarten Lilienthalhaus am Forschungsflughafen. Als Anschubfinanzierung durch das Land Niedersachsen und die Fraunhofer-Gesellschaft stehen 20 Mio. Euro zur Verfügung. Mit dem Neubau entsteht nun eine einzigartige Infrastruktur und Forschungsplattform, die für die Entwicklung und Umsetzung von zukünftigen Energiespeichern vom Prototyp bis zur Industrialisierung notwendig sind und Platz für über 100 Mitarbeitende bietet. Aktuell sind am Fraunhofer ZESS 75 Mitarbeitende beschäftigt, davon bereits über 50 am Standort Braunschweig. Die Kosten für den Neubau und die damit verbundene Erstausstattung belaufen sich auf rund 46 Millionen Euro, die vom Bund und dem Land Niedersachsen bereitgestellt werden. Ab 2025 werden die Forschenden die neuen Technika und Labore nutzen können.
In Zeiten der Energiekrise ein wichtiger Meilenstein für die Energiewende
Von der Entwicklung neuer Energiespeichersysteme hängen zahlreiche Wirtschaftszweige und Technologien direkt oder indirekt ab: Elektroautos benötigen leistungsfähige Batterien, stationäre Stromspeicher können elektrische Netze stabilisieren, die sich aus zeitlich schwankenden erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaikanlagen oder Windrädern speisen. In der Materialforschung und der Prozessentwicklung für Energiespeicher belegt Deutschland international einen sehr guten Platz. Das Fraunhofer ZESS wird hier ansetzen, um innovative Beiträge zu gesellschaftlich-ökologischen Herausforderungen zu erarbeiten und effiziente, klimaschonende Antworten zu liefern.
Falko Mohrs, Minister für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen, sagt: »Unsere Region hat ein enormes Potenzial für die Erforschung moderner Energiespeicher und -systeme sowie zahlreiche Möglichkeiten, erneuerbare Energien zu nutzen. Um unseren Energiebedarf effizient und nachhaltig zu decken, müssen wir uns auf die Entwicklung und Umsetzung innovativer Speicherlösungen konzentrieren. Das Fraunhofer ZESS hat für Niedersachsen eine große Bedeutung, da es als Technologiezentrum wichtige Beiträge zur Erreichung dieser Ziele leistet. Mit dem heutigen Spatenstich wird ein weiterer Meilenstein dieser zielführenden Zusammenarbeit aller Beteiligten erreicht.«
Dr. Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig, fügt hinzu: »Das Fraunhofer-Zentrum ist von großer Bedeutung für unsere Region und Braunschweig als Wissenschaftsstadt. Als Innovationsplattform für Energiespeicher und Wasserstofftechnologien wird es wichtige Impulse für unsere Wirtschaft und Technologieentwicklung liefern. Das Fraunhofer ZESS ist ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, um gemeinsam die Herausforderungen der Energiewende zu meistern und Chancen für unsere Region zu schaffen.«
Fr. Dr. Sandra Krey, Vorständin für Finanzen und Controlling sowie aktuelle Leiterin der Fraunhofer-Gesellschaft (Interim), erklärt: »Die Fraunhofer-Gesellschaft ist im zentralen Zukunftsfeld der Batterieforschung sehr gut aufgestellt, unter anderem durch die Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster sowie nicht zuletzt durch das Fraunhofer-Zentrum für Energiespeicher und Systeme ZESS. Durch exzellente Forschung und schnellen Transfer tragen wir dazu bei, die technologische Souveränität Deutschlands in diesem wichtigen Marktsegment weiter zu stärken. Im Fraunhofer ZESS werden die technischen Kompetenzen der Fraunhofer-Institute IST, IFAM und IKTS sowie der Technischen Universität Braunschweig gebündelt und Technologien zu prototypfähigen Lösungen und Systemen weiterentwickelt – mit dem Ziel, die neuen mobilen und stationären Speichertechnologien zur Marktreife zu führen.«
Prof. Dr.-Ing. Arno Kwade, Vizepräsident für Technologietransfer und Innovation der TU Braunschweig, ergänzt: » Der Spatenstich für das neue Fraunhofer ZESS markiert einen wichtigen Meilenstein zum weiteren Ausbau des Batterieforschungsclusters in der Region Braunschweig. Nachdem bislang vor allem in heutigen Fahrzeugen eingesetzte Lithium-Ionen-Batterien im Fokus der Forschung stehen, wird das Fraunhofer ZESS auf die Entwicklung und vor allem Produktion und Skalierung der nächsten Batterie- und Wasserstofftechnologien fokussieren. Damit werden Innovationen aus den Universitätslaboren in eine anwendungsfertige Technologie transferiert und Unternehmen sowie Gründenden der Region zukunftsträchtige Geschäftsfelder eröffnet, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit und Circular Economy.«
Das Fraunhofer ZESS bildet die Wertschöpfungskette für mobile und stationäre Speichertechnologien ab – Forschungsschwerpunkte sind Lithium-Festkörperbatterien, Natrium-Nickelchlorid-Batterien und Wasserstofftechnologien
Dr.-Ing. Julian Schwenzel, Leiter der Abteilung für elektrische Energiespeicher am Fraunhofer IFAM und seit 2021 Zentrumsleiter des Fraunhofer ZESS, berichtet über die Forschungsinhalte: »Für die Forschungsschwerpunkte Lithium-Festkörperbatterien, Natrium-Nickelchlorid-Batterien und Wasserstofftechnologien können wir mit den Kompetenzen der drei Fraunhofer-Institute und deren Netzwerke die gesamte Wertschöpfungskette für ausgewählte mobile und stationäre Speichertechnologien abdecken. Dies reicht von den Rohstoffen und Komponenten über die Verfahrens- und Produktionstechnik sowie Qualitätssicherung bis hin zur Systemintegration. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Wertstoffrückgewinnung durch effiziente Recyclingprozesse von Energiespeichern.«
Bei Festkörperbatterien werden die flüssigen Elektrolyte durch eine feste Alternative substituiert. Dies führt zu einer besseren elektrochemischen Stabilität, hohen Energiedichten und größerer Betriebssicherheit gegenüber den derzeit eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien. In Abhängigkeit vom eingesetzten Festelektrolyten besteht bei dieser neuen Generation von Hochenergiebatterien noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf. Um zu den gewünschten größeren Zellsystemen zu gelangen, werden neue Fertigungstechnologien benötigt, die das Fraunhofer ZESS aufbaut.
Stationäre Energiespeicher sind elementar für die zukünftige Stromversorgung mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien. Nachhaltige Natrium-Nickelchlorid-Batterien der neueren Generation können hier einen großen Beitrag leisten. Die Technologie ist vielversprechend, weil sie auf dem gut verfügbaren Natrium basiert, das als günstig, stabil und umweltfreundlich gilt. Das Fraunhofer ZESS beschäftigt sich mit der Modulentwicklung, Systemintegration und anschließende Testung und Qualitätssicherung dieser langlebigen stationären Energiespeicher.
Der Bedarf an Wasserstoff und entsprechenden Speichertechnologien wird zur Realisierung der Klimaziele in den kommenden Jahren stark ansteigen. POWERPASTE ist ein chemischer Wasserstoffspeicher mit extrem hoher Speicherdichte für PEM-Brennstoffzellen-Anwendungen. POWERPASTE erzeugt gasförmigen Wasserstoff beim Kontakt mit Wasser. Am Fraunhofer ZESS wird die Synthese von POWERPASTE im Technikumsmaßstab erforscht und erprobt, um erstmalig die Skalierung der Stoffsynthese hin zur Industrialisierung nachzuweisen.
Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Als Wegweiser und Impulsgeber für innovative Entwicklungen und wissenschaftliche Exzellenz wirkt sie mit an der Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Etwa 30 800 Mitarbeitende, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Forschungsvolumen von rund 3,0 Mrd. €. Davon fallen 2,6 Mrd € auf den Bereich Vertragsforschung.
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