Prof. Dr. Regina Kempen forscht an der Hochschule Aalen zur Gestaltung der Grenzen zwischen Lebensbereichen. Die betriebliche Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Angesichts dieser Veränderungen wird es für Beschäftigte immer wichtiger, sich seiner Präferenzen für die Vermischung oder Trennung von Arbeit und Privatleben bewusst zu sein – und diese auch in der eigenen Lebenssituation umzusetzen. Auch Arbeitgeber sollten sich des Themas annehmen. Wie dies gelingen kann, erforscht Kempen unter anderem mit Hilfe von Tagebuchstudien. Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass die Passung von Möglichkeiten und Präferenzen des Grenzmanagements das Engagement und die Bindung an ein Unternehmen deutlich verbessern kann.

Gleichzeitig die Professur für Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie an der Hochschule Aalen innehaben, den Bachelor Wirtschaftspsychologie leiten, ein Haus umbauen und drei Kinder großziehen? Für Professorin Regina Kempen gehören diese vielfältigen Anforderungen aus ihrem Berufs- und Privatleben zum Alltag. Ihr Beruf bietet ihr die notwendige Flexibilität, um diese Mammutaufgabe zu meistern. „Bisweilen ist es sehr herausfordernd, den Ansprüchen aus den verschiedenen Lebensbereichen wirklich gerecht zu werden und die Übergänge gut zu koordinieren,“ sagt Kempen. Auch Nicolas Müller, Doktorand bei Professorin Kempen, weiß Freiräume in der zeitlichen und räumlichen Gestaltung seiner Arbeit zu schätzen: „Den Laptop im Zug oder Flugzeug immer dabei zu haben, ist für mich selbstverständlich – egal, ob auf dem Weg zu einer Konferenz oder in den Urlaub“.   

Notwendigkeit von Boundary Management: Integration oder Segmentation?

Neben der Leidenschaft für die wirtschaftspsychologische Forschung haben die Beiden eine weitere Gemeinsamkeit: Sie vermischen Berufs- und Privatleben, wechseln häufig zwischen beruflichen und privaten Rollen – die Forschung über das sogenannte Grenzmanagement (Boundary Management) spricht hier von „Integration“. Für einige Forschende, Selbstständige und andere Berufstätige ist dies die Norm. Viele Berufstätige gehen bei der Art und Weise, wie sie die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben koordinieren, ganz anders vor: Von 9 bis 17 Uhr wird gearbeitet, für private Angelegenheiten ist erst danach oder am Wochenende Zeit. Privates und Berufliches werden strikt voneinander getrennt. Eine solche „Segmentation“ wird jedoch zunehmend schwieriger: Die Digitalisierung und veränderte Arbeitsformen, insbesondere die zunehmende Verbreitung von Homeoffice, beeinflussen die Arbeitswelt und verändern die Zeit und den Ort unserer Arbeit.

Neue Arbeitswelt – Boundary Management ist dynamisch

Welche Faktoren beeinflussen, ob Berufstätige eher integrieren oder eher segmentieren? In verschiedenen Tagebuchstudien bei Berufstätigen aus unterschiedlichsten Branchen konnten Kempen und Müller zeigen, dass die Präferenz für eine Boundary-Management-Strategie sich verändert − in Abhängigkeit von positiven und negativen Erlebnissen bei der Arbeit und vom individuellen Stresserleben. Das Besondere: Kempen und Müller konnten mit dieser Methodik zeigen, dass die Präferenzen dynamisch sind und als Reaktion auf externe Ereignisse variieren.  

Interessant wird es außerdem, wenn man sich Unterschiede zwischen dem anschaut, was eine Person am liebsten machen würde (ihre Grenzmanagement-Präferenz), und dem, was sie tatsächlich macht (ihr Grenzmanagement-Verhalten). Hinsichtlich Gesundheit und Arbeitsmotivation ist es sehr wichtig, dass Berufstätige ihre Präferenzen tatsächlich in ihrem Verhalten umsetzen können. Eine hohe Passung führt zu einer Reihe positiver Konsequenzen im beruflichen sowie privaten Bereich.

Praktische Implikationen

Unternehmen sollten die Bedeutung eines effektiven und individuellen Grenzmanagements berücksichtigen und Führungskräfte die Erwartungen an die Beschäftigten bezüglich der beruflichen Erreichbarkeit explizit kommunizieren. Es gilt, eine offene Diskussionskultur über die Gestaltung der Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben anzustoßen, sodass Beschäftigte ihre Wünsche mitteilen und persönliche Lösungsstrategien gefunden werden können. Flexible und individuelle Vereinbarungen sind von immenser Bedeutung, da sich die Lebenssituationen und die damit verbundenen Herausforderungen aller Beteiligten kontinuierlich verändern.

Neben diesen Ansatzpunkten können Berufstätige durch ein aktives Grenzmanagement die Grenzen selbst positiv gestalten. „Wir haben ein Coaching- und Trainingskonzept erstellt, das Berufstätigen hilft, die individuellen Präferenzen zu reflektieren und Strategien zum effektiven Umgang mit den Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben zu entwickeln“, berichtet Kempen. „Darunter fällt zum Beispiel Zeiten für Arbeit und Privates bewusst zu planen und Prioritäten zu setzen.“ Außerdem sei die offene Kommunikation über die gewünschten Grenzen mit Personen im beruflichen wie privaten Umfeld hilfreich.

Um das Thema Boundary Management und weitere (angewandte) Fragen geht es auch beim zweiten Tag der Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Aalen. Unter dem Motto „Resilienz – Nachhaltigkeit – Zusammenarbeit“ gibt es am 28. April 2023 von 9-17 Uhr für alle Interessierten an der Hochschule Aalen (VfR-Forum, Stadionweg 5/1) die Gelegenheit, mit Professorin Kempen und den Kolleginnen und Kollegen aus der Wirtschaftspsychologie in den Austausch zu gehen und sich in Workshops zu informieren. Herzlich eingeladen sind alle, die sich für Personal, Organisationsentwicklung oder Marktforschung interessieren und/oder mehr über die Wirtschaftspsychologie erfahren möchten. Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter: www.hs-aalen.de/tagderwip.

Zur Person:

Prof. Dr. Regina Kempen wurde 2021 als Professorin für Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie an die Hochschule Aalen berufen. Seit 2022 leitet sie den Bachelor Wirtschaftspsychologie. In ihrer Forschung beschäftigt sich die Wirtschaftspsychologin unter anderem mit der Interaktion von Lebensbereichen (Boundary Management), mit Determinanten nachhaltiger Konsumentscheidungen und mit interkulturellen Fragen der Wirtschaftspsychologie.

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