Kernpunkte für 2022:
- Das Narrativ vom „Weg zurück in die 1970er Jahre" gewinnt an Zugkraft. Die globale Wirtschaftsentwicklung wird nach dem Höhepunkt wieder zum Potenzialwachstum zurückkehren, da konjunkturelle Impulse nachlassen. Die Inflation wird sich als dauerhaft erweisen und durch Engpässe in allen Bereichen angeheizt werden. Wachstums- und Inflationstrends entkoppeln sich wieder. Zudem treten wir in eine weniger globalisierte Phase ein.
- Die Zentralbanken werden Inflationsgefahren eher vernachlässigen und akzeptieren, dass sie hinter der Zinskurve zurückbleiben. Nachdem die Notenbanken zunächst zögerten, die Geldpolitik zu straffen, ist angesichts des sich abschwächenden Wachstums und des steigenden Finanzierungsbedarfs für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft eher mit mehr als mit weniger geldpolitischen Maßnahmen zu rechnen.
- Die Vorstellung, dass Schwellenländer einen homogenen Block bilden, gilt definitiv nicht mehr. Es ist dabei zwischen drei Gruppen zu unterscheiden. Erstens: Länder mit Inflation und Zentralbanken, die diese kontrollieren, zweitens: Länder, deren Zentralbanken untätig bleiben und drittens China. Anleger sollten die Länder aus den Gruppen 1 und China bevorzugen, in denen die Währungen auch gegenüber dem US-Dollar aufwerten sollten.
Die wichtigsten Überzeugungen von Amundi für 2022
Die Portfoliokonstruktion wird 2022 mehr Herausforderungen mit sich bringen als 2021. Investoren sollten dabei vor allem folgende Aspekte berücksichtigen: die Rendite, das Liquiditätsrisiko sowie Wachstums- und Inflationsrisiken.
Anleger sollten das Risiko-Exposure zunächst reduzieren und es im Laufe des Jahres anpassen. Der Fokus sollte dabei auf der Widerstandsfähigkeit des Portfolios gegenüber steigenden Zinsen liegen.
- Anleger sollten das Jahr mit einer vorsichtigen und neutralen Allokation beginnen (auch unter Berücksichtigung überzogener Bewertungen) und versuchen, Relative-Value-Chancen über Regionen und Segmente hinweg zu nutzen. Wenn sich das Wachstum verlangsamt und es danach zu mehr Stimuli kommt, könnte sich ein Zeitfenster öffnen, um wieder stärker in Risiko-Assets einzusteigen.
- Anleger sollten sich vor der nominalen Illusion hüten und reale Renditen anstreben. Das klassische 60/40-Portfoliomodell gehört der Vergangenheit an. Die positive Korrelation zwischen Aktien und Anleihen erfordert ein dynamischeres Handeln. Relative-Value-Strategien und weitere Diversifikationsquellen, die, wie Real Assets, das Inflationsrisiko abmildern können, gewinnen an Bedeutung.
Um reale Erträge zu erwirtschaften, können in einem Umfeld mit strukturell höherer Inflation „Unconstrained-Strategien“ mit einem ausgeweiteten Anlagespektrum sinnvoll sein.
- Anleger sollten der Versuchung widerstehen, nach einer Phase steigender nominaler Renditen auf Long-Positionen zu setzen. Bewegungen der Zinskurve, Währungen und regionenübergreifende Chancen werden in einer Welt divergierender Geldpolitiken florieren. Unconstrained-Bond-Strategien werden weiterhin zentral sein.
- Anleger sollten auf der Suche nach Renditen Chancen außerhalb traditioneller Anleihesegmente suchen. Dazu zählen Aktiendividenden, Sachwertanlagen und Schwellenländeranleihen mit Schwerpunkt auf kurzen Durationen. Der Fokus sollte auf Segmenten liegen, die höhere Renditen bei relativ geringem Durationsrisiko bieten, wie nachrangige Anleihen und Darlehen. Unternehmensanleihen mit längerer Duration sowie zu engen Spreads erscheinen weniger aussichtsreich.
- Im Zusammenhang mit der Verschuldungsproblematik werden wir wahrscheinlich einige Verwerfungen sehen. Dies wird die erste Runde der großen Differenzierung zwischen unsoliden und teuren Anleihen, die in Phasen knapperer Liquidität und anziehender Ausfallraten gefährdet sind, gegenüber soliden und teuren Anleihen einläuten.
Anleger sollten auf Aktien setzen und sich auf bisher weniger exponierte Bereiche, wie Value, Schwellenländer und Europa konzentrieren, die zudem weniger zinssensitiv sind.
- Die realen Zinsen werden über das Schicksal überhöht bewerteter Aktien entscheiden. Früher oder später werden sie anziehen und die hohen Bewertungen von Wachstumsaktien in Frage stellen. Bei der Titelauswahl sollten man sich angesichts höherer Kosten und steigender Zinsen auf die Gewinnsituation, die Preissetzungsmacht sowie auf Value und Qualität konzentrieren. Wir erwarten ein Umfeld, das durch eine breite Renditestreuung zwischen Titeln gekennzeichnet ist und Chancen für eine aktive Titelauswahl bietet.
- Europa sollte dank des EU-Konjunkturpakets, mit dem der Wandel hin zu einem klimaneutralen Europa unterstützt werden soll, begünstigt sein.
- Schwellenländer-Aktien sollten wieder in den Fokus rücken. Aktien-Allokationen haben einen Höchststand im Zyklus erreicht, wobei Aktien aus Industrieländern bevorzugt wurden. Beim nächsten Anstieg sollten Schwellenländer-Aktien begünstigt werden. Bei diesen liegen die Allokationen weit unter den strategischen Zielen. Außerdem erscheinen die Bewertungen relativ attraktiv.
Themen und ESG-Faktoren werden wahrscheinlich einen wesentlichen Einfluss auf das Risiko/Ertragsverhältnis haben.
- Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) sollten als Ergänzung zur klassischen Risiko-Rendite-Analyse von Portfolios betrachtet werden. Dies gilt insbesondere für Bereiche, die einen wesentlichen Einfluss auf die Preise von Vermögenswerten haben können. Eine geänderte Regulation und die steigende Nachfrage von Institutionen und Anlegern bedeuten, dass einige Faktoren in dieser Hinsicht an Bedeutung gewinnen.
- Die Netto-Null-Emissions-Initiative sollte einen erheblichen Einfluss auf den Markt haben. Die Bekämpfung von Ungleichheit wird wahrscheinlich das nächste herausragende Thema sein, da dies ein wichtiger Schwerpunkt der Regierungen in der derzeitigen Erholungsphase ist. Einige Initiativen, die Umwelt- und Sozialaspekte miteinander verbinden, könnten an Bedeutung gewinnen. Dazu zählt die Just-Transition-Initiative zur gerechten Bewältigung des Klimawandels, die für Schwellenländer von besonderem Interesse ist.
„Wir stehen am Beginn einer neuen Phase für das Finanzsystem, die durch stagflationäre Merkmale im Stil der 1970er Jahre gekennzeichnet ist“, kommentiert Pascal Blanqué, Chief Investment Officer bei Amundi. Das Ende der Ära einer ultralockeren Geldpolitik und die wachsende Dynamik der Politik mit Blick auf eine grüne und gerechte Transformation werden neue Aufgaben für die Zentralbanken definieren. Wie diese agieren ist noch unklar mit entsprechenden Auswirkungen für die Inflationserwartungen. Zudem sind Änderungen bei den Risikoprämien zu erwarten, wenn die realen und nominalen Renditen zu steigen beginnen und ESG-Faktoren stärker auf Marktpreise durchschlagen."
„2022 wird sich der Zyklus fortsetzen“, ergänzt Vincent Mortier, stellvertretender CIO bei Amundi. „Wir sollten aber keine euphorischen Märkte erwarten. In der Abfolge von Tapering und Konjunkturverlangsamung, gefolgt von weiteren Stimuli und einer erneuten Beschleunigung, sollten Anleger zunächst vorsichtig agieren und nach Einstiegspunkten suchen, um ihre strategische Positionierung in Aktien, Rohstoffen und Schwellenländern zu ergänzen, wie es für die Spätphase des Zyklus typisch ist. “
Die vollständige Veröffentlichung finden Sie hier.
[1] Quelle: IPE "Top 500 Asset Managers", veröffentlicht im Juni 2021, basierend auf dem verwalteten Vermögen per 31/12/2020
[2] Boston, Dublin, London, Mailand, Paris und Tokio
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