„Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“, galt schon bei den alten Römern als Ideal. Heute ist diese Weisheit aktueller denn je: Die Zahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Belastungen ist auf einem Höchststand. Burn-out, Depressionen und Angststörungen lähmen einerseits die Belegschaft und verursachen andererseits hohe Kosten für die Arbeitgeber. Wie lässt sich dieser Trend stoppen? Dr. Simon Senner, ehemaliger Oberarzt am Klinikum rechts der Isar der TU München, gibt Antworten.

Im Rahmen des Workshops „Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz“ am TUM Campus Heilbronn beleuchtet der Experte die Thematik von der Entstehung bis zu den Folgen und gibt Handlungsempfehlungen. Die erste Hürde bei psychischen Erkrankungen ist bereits das Erkennen der Krankheit. „Wenn ein Mitarbeiter mit einem gebrochenen Arm zur Arbeit kommt, ist das offensichtlich. Bei psychischen Problemen ist es eher ein Bauchgefühl und es fällt Führungskräften oft schwer, das Thema anzusprechen“, erklärt Senner. Die Reaktion auf Unsicherheit sei oft, nichts zu tun und „das ist sicher die falsche Strategie“.

Alarmierende Entwicklung

Zahlen, die die Brisanz des Themas verdeutlichen: Jeder Dritte erkrankt im Laufe seines Lebens an einer psychischen Erkrankung, aber nur 25 Prozent lassen sich professionell behandeln. In den letzten zehn Jahren haben psychische Erkrankungen wie Angstzustände, Depressionen und Burnout um 90 Prozent zugenommen. Die durchschnittliche Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Belastungen lag im Jahr 2021 bei 36,6.

Hinzu kommen psychosomatische Erkrankungen: „Das Robert-Koch-Institut hat in einer großen Studie herausgefunden, dass bei höchstens 30 Prozent aller Menschen mit Rückenschmerzen das Problem tatsächlich im Rücken liegt“, erklärt der Chefarzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Reichenau und fährt fort: „Die Vorstellung, dass Psyche und Körper voneinander getrennt sind, ist völlig überholt. Die Übergänge sind fließend, und so muss man auch denken.“

Belastungen auf allen Seiten

Das seelische Leid auf Seiten der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet gleichzeitig hohe Kosten für Unternehmen und Gesellschaft. Während im physischen Bereich in den letzten Jahren in den Arbeitsschutz investiert wurde, etwa durch Stahlkappen und Filterung giftiger Dämpfe, sieht Dr. Senner im Bereich der psychischen Erkrankungen noch viel Luft nach oben: „Wenn ich mir anschaue, welchen Aufwand Unternehmen in anderen Bereichen betreiben, um ein halbes Prozent mehr Marge zu erzielen, und das mit der Prävention psychischer Belastungen vergleiche, schlummern hier enorme Potenziale.“

Die Arbeitswelt ist schneller, dichter und digitaler geworden. Auf diese Veränderungen sollten sich auch Führungskräfte einstellen: „Es geht darum, dieses sehr schwammige Thema, das viele Grautöne hat, greifbar zu machen“, erklärt Senner. Frühzeitig könne gegengesteuert werden: „Handlungserfahrungen zu vermitteln, Strategien zu entwickeln, von Best Practices anderer Unternehmen zu lernen, hilft präventiv zu handeln und der Welle psychischer Erkrankungen zuvorzukommen.“ Es gehe um konkrete Veränderungen. Sensibilisierung allein reiche nicht aus. Senner appelliert: „Wir müssen ins Handeln kommen!“

Das richtige Handwerkszeug

Möglichkeiten dazu bieten Schulungen. „Das richtige Handwerkszeug und die richtige Gesprächstechnik können Führungskräfte am TUM Campus Heilbronn lernen“, sagt Senner. Im Workshop „Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz“ lernen die Teilnehmer an zwei Tagen, wie sie psychische Erkrankungen erkennen, einfühlsam auf Betroffene zugehen und ihnen helfen können. Denn: „Ich muss darüber reden, mich austauschen, nur dann kann ich mich weiterentwickeln. Da ist die TUM in vielen Bereichen ganz vorne und bildet die Führungskräfte von morgen aus.“

Die nächste Möglichkeit, den Werkzeugkoffer aufzufüllen, haben Interessierte am 23. und 24. September dieses Jahres. Alle Informationen dazu gibt es hier: https://tumheilbronn-ggmbh.de/continuing-education/mentale-gesundheit-am-arbeitsplatz/

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