Höhe der deutschen Lkw-Maut verstößt gegen Europarecht
Der Europäische Gerichtshof hat am 28. Oktober 2020 entschieden: „Die Höhe der deutschen Lkw-Maut verstößt gegen Europarecht“. So hat die Bundesrepublik Deutschland, bei der Berechnung der Mautgebühr, die Kosten für die Verkehrspolizei berücksichtigt, obwohl dies nach Europarecht nicht zulässig ist. Wie das Gericht weiterhin festgestellt hat, ergibt sich daher für alle Unternehmen, die in den vergangenen Jahren LKW-Maut in Deutschland bezahlt haben, ein Erstattungsanspruch in Höhe von ca. 4 % des bezahlten Gesamtbetrags.
Es könnte angenommen werden, dass ein derartiger Fauxpas dem Bund nicht unterläuft. Falls doch, wäre der Staat vermeintlich bemüht den verursachten Schaden so schnell und unbürokratisch wie möglich zurückzubezahlen. Die staatseigene Toll Collect GmbH, die im Auftrag des Bundesamtes für Logistik und Mobilität (BALM; früher Bundesamt für Güterverkehr (BAG)), die Lkw Maut eintreibt, beschreitet jedoch andere Wege.
Will Toll Collect die geschädigten Kunden mit Abzocke und künstlichem Aufwand ausmanövrieren?
Nicht nur dass erst der europäische Gerichtshof bemüht werden musste. Hinzu kommt, dass geschädigte Unternehmen nun ein aufwändiges Erstattungsverfahren durchlaufen müssen, im Rahmen dessen sie die Höhe der bezahlten Maut nachweisen und detaillierte Abrechnungsbelege beibringen müssen.
Andreas Mossyrsch von Camion Pro e.V. kommentiert: „Das ist schon verblüffend. Anstatt die zu viel berechnenden Beträge einfach zurückzuüberweisen, werden die Opfer nun auch noch in bizarre Verwaltungsprozesse manövriert, künstlicher Aufwand produziert und den Geschädigten noch zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen.“
Besonders ärgerlich ist, dass Toll Collect von den geschädigten Unternehmen Belege fordert, die von Toll Collect selbst ausgestellt wurden. Da bei Toll Collect alle Unternehmen namentlich und inkl. aller Mautrechnungen erfasst sind, ist anzunehmen, dass Toll Collect die von den Unternehmen geforderten Unterlagen ganz einfach per Knopfdruck (im eigenen System) abrufen könnte.
Stellt sich die Frage: „Wozu müssen die geschädigten Unternehmen bei der staatseigenen Toll Collect kostenpflichtig Belege anfordern, um diese dann Anträgen beizulegen, die sie wiederum bei denselben staatlichen Stellen einreichen?
Die „Staatsdiener“ bauen hier nicht nur in schwer zu ertragener Weise künstliche, bürokratische Hürden auf. Zudem werden wenigstens 20 Euro Verwaltungsgebühren erhoben, was sich pro Erstattungsverfahren schnell zu einigen hundert Euro summiert.
Mossyrsch sagt: „Was hier abläuft, ist in hohen Maßen unappetitlich. Auf mich wirkt das so, dass man versucht, mit künstlich aufgeblähtem Aufwand und Kosten, Antragsteller zu vergraulen und damit die gerichtlich anerkannten Ansprüche auszuhebeln.“
Im Grunde genommen werden geschädigten Straßenbenutzer dreifach über den Tisch gezogen:
- Erstens, durch zu hoch berechnete Maut.
- Zweitens, durch aufwändige und widersinnige Verwaltungsverfahren.
- Drittens, durch ungerechtfertigte und überhöhte Gebühren!
Bisher hat tatsächlich nur ein kleiner Teil der Camion Pro Mitglieder einen Erstattungsantrag gestellt. Bei vielen Unternehmen waren der Frust und die Überforderung mit der damit verbundenen Bürokratie zu groß, weshalb kein Antrag gestellt wurde.
Anwälte der Toll Collect drohen Camion Pro e.V.
Um auch diesen Unternehmen zu ihrem Recht zu verhelfen, unterstützt Camion Pro seine Mitglieder bei der Geltendmachung von Mauterstattungsanträgen. In einem ersten Schritt haben die Anwälte von Camion Pro den Versuch unternommen, die Angelegenheit „Verwaltungsgebühren“ außergerichtlich zu klären. Sie sprachen Toll Collect auf die mögliche Missbräuchlichkeit der fraglichen Gebühren an und baten um Auskunft, wie sich diese der Höhe nach rechtfertigen würden. Toll Collect verweigerte nicht nur eine dahingehende Auskunft, sondern empfand die Anfrage der Anwälte von Camion Pro offenbar als Affront. Auf diesen reagierte Toll Collect mit der Ankündigung, dass den Mitgliedern von Camion Pro fortan überhaupt keine Zweitexemplare von Mautaufstellungen mehr zur Verfügung gestellt werden würden. Ein Fakt, der eine Geschäftsverweigerung darstellt und als solche einen weiteren Missbrauch gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB begründet.
Camion Pro e.V. beantragt. einstweilige Verfügung gegen Tool Collect.
Camion Pro e.V. hat nun eine einstweilige Verfügung gegen Toll Collect beantragt. Das Landgericht Berlin hat für den 26. Februar 2024 eine mündliche Verhandlung angesetzt, in der über den Erlass der einstweiligen Unterlassungsverfügung entschieden werden soll. Erlässt das Gerichtdiese Verfügung, dürften dem staatlichen Mauteintreiber eine saftige Klage und ggf. Schadenersatz in Millionenhöhe drohen.
Zusatzinformation
Zwar ist Toll Collect ein privates Unternehmen. Als exklusiver Betreiber des Mautsystems und damit als Marktbeherrscher ist Toll Collect allerdings verpflichtet, missbräuchliche Verhaltensweisen zu unterlassen. Hierzu gehört, übermäßige Preise zu verlangen, oder kritische Kunden zu disziplinieren. Sofern die Auffassung von Camion Pro rechtskräftig bestätigt, werden sollte, dass die von Toll Collect geforderten Preise für die Übermittlung von Zweitexemplaren der Mautaufstellungen missbräuchlich überhöht waren, hätten alle Mautkunden, die in den vergangenen Jahren diese Preise bezahlen mussten, entsprechende Rückerstattungsansprüche gegen Toll Collect.“
Camion Pro e.V.
Leopoldstraße 244
85356 München
Telefon: +49 (89) 3160597-0
Telefax: +49 (89) 3160597-10
http://www.camionpro.de
Vorstand
Telefon: +49 (89) 3160597-0
E-Mail: info@camionpro.eu