ie Studie „Trends und Strategien“ der BVL liefert Entscheidern seit 1988 wertvolle Erkenntnisse im Hinblick auf Herausforderungen und Handlungsoptionen im Bereich Logistik und Supply Chain Management. Trends haben einen langfristigen und umwälzenden Einfluss auf das Management von Wertschöpfungsketten und bilden somit nicht nur für Logistik- und SCM-Verantwortliche, sondern auch für Politik, Verbände und Forschungseinrichtungen eine wesentliche Grundlage für strategische Entscheidungen. Als Gradmesser dienen zum einen die Relevanz der Trends für das Geschäftsumfeld sowie die bisher erlangte Anpassungsfähigkeit an ebendiese Trends. Zu einer neuen Herausforderung wird die Simultanität mancher Trends – daher der Studientitel „Triple Transformation: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz als Leitlinien zukunftsfähiger Wertschöpfungsketten“. Die ganzheitliche Umsetzung dieser umfassenden Transformation gelingt in der Praxis jedoch noch nicht. Auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin wurde heute die Management Summary der neuen Studie vorgestellt.

Neuer Top-Trend Cybersicherheit

Spannend ist die Entwicklung der Top-Trends über die Jahre hinweg. Stand 2016 noch das Thema „Kostendruck“ ganz oben auf der Liste, so ist es 2020 auf den dritten und 2023 auf den vierten Platz abgerutscht – in Zeiten von gestörten Lieferketten schlägt Verfügbarkeit den Preis. Kontinuierlich unter den Top drei findet sich der Trend „Digitalisierung der Geschäftsprozesse“ – seit Jahren im Fokus des Wirtschaftsbereichs und sicher auch in der Zukunft. Überraschend hat sich aber ein Thema an die Spitze der Trendliste geschoben, welches bisher nicht auf der Agenda stand: „Cybersicherheit“ ist 2023 für die Teilnehmenden der Studie die wichtigste Herausforderung. An die dritte Stelle des Rankings hat sich das Thema „Mangel an qualifiziertem Personal“ geschoben, das 2016 noch auf dem 10. Platz lag und 2020 lediglich auf Platz sieben genannt wurde. Etwas höher geschoben von Platz neun auf Platz sieben hat sich das Thema Nachhaltigkeit. Doch während die wahrgenommene Relevanz für das Thema steigt, verbessert sich die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen auf diesen Trend kaum. Dramatisch ist das Bild beim Thema Fachkräftemangel: Hier ist die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen nach eigenen Angaben trotz der hohen Bedeutung erheblich gesunken. Die Logistik findet offenbar kein Rezept, um dem Problem Herr zu werden. Dagegen haben die Erfahrungen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs offenbar gewirkt: Die Anpassungsfähigkeit in Bezug auf die Zunahme von Störungen in der Lieferkette ging von 2016 bis 2020 zurück, ist aber laut der aktuellen Befragung seitdem deutlich gestiegen. Gleiches gilt für die Digitalisierung, wo sich die Unternehmen eine recht hohe Anpassungsfähigkeit bescheinigen. Insgesamt ist die Digitalisierung von Geschäftsprozessen als zentrale Grundlage für die Beherrschung vieler weiterer Trends aber noch nicht ausreichend umgesetzt.

Bemerkenswert ist die durch die befragten Logistik- und SCM-Verantwortlichen als hoch wahrgenommene Beherrschung des Themas Cybersicherheit. Eine im Auftrag der BVL von secida durchgeführte Studie kommt aktuell zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen im Gegenteil noch erheblichen Aufholbedarf bei diesem Thema haben.

Digitalisierung: Hoffnung auf finanzielle Effekte

81,4 % der Befragten erwarten, dass die Digitalisierung zu direkten positiven finanziellen Effekten (Kostenreduktion oder Erlössteigerungen) führen wird. Zentrale Umsetzungsprojekte liegen in den Bereichen Datenmanagement und Automatisierung des Material- und Informationsflusses. Der Einsatz von innovativen Softwaretechnologien (u.a. Predictive Analytics und KI) bietet weiterhin ein hohes Potenzial. Indirekte Effekte der Digitalisierung liegen u.a. in der Schaffung von Transparenz, verminderter Substitutionsgefahr durch das Erzielen von Wettbewerbsvorteilen sowie Minderung der Auswirkungen des Trends Fachkräftemangel durch automatisierte oder autonome Systeme.

Nachhaltigkeit: Kunden wollen weiter nicht zahlen

Derzeit geben etwa 30% der Befragten an, dass ihre Kunden mit einer mittleren bis sehr hohen Ausprägung bereit sind, einen Aufpreis für nachhaltigere Transporte zu zahlen. Für 2028 erwarten sogar 60 % der Befragten eine mittlere bis sehr hohe Zahlungsbereitschaft bei ihren Kunden. Allerdings ernüchtert der Blick auf die vergangene Befragung von 2020: Zu dem Zeitpunkt schätzten bereits 27 % der Befragten eine entsprechende Bereitschaft der Kunden als mittel bis sehr hoch ein. Fast 60 % der Befragten glaubten damals, dass ihre Kunden bis 2024 eine mittlere bis sehr hohe Bereitschaft für einen Aufpreis haben würden – tatsächlich hat sich diese in den Unternehmen wahrgenommene Bereitschaft aber bis heute kaum verändert. Die Prognosen für 2028 sind in diesem Lichte also mit Vorsicht zu genießen. Fast das gleiche Bild zeigt sich bei den Anfragen von Kunden nach nachhaltigeren Transporten. Diese Anfragen sind seit 2020 nicht wesentlich gestiegen, obwohl auch da die Annahme für 2024 erheblich höher war.

Generell sehen Verlader und Logistikdienstleister die Hauptverantwortung für eine nachhaltigere Gestaltung des Wirtschaftsbereichs Logistik bei der Politik beziehungsweise bei der jeweils anderen Seite. Immerhin sehen aber zwei Drittel der Befragten in der Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten und der Reduzierung von CO2-Emissionen Wettbewerbschancen für ihr Unternehmen.

Resilienz

Resilienz bietet Chancen, Störungen frühzeitig zu antizipieren, zu vermeiden sowie besser mit ihnen umgehen zu können. Bedingt durch die aktuellen Krisen rechnen die Befragten mit einem anhaltend deutlich höheren Niveau an laufenden Störungen in Logistik und Lieferketten. Entsprechend sehen zwei Drittel der Befragten einen sehr hohen Bedarf für Resilienz. Wenig überraschend gehen große Unternehmen das Thema systematischer an als KMU. Mehr Transparenz in der Lieferkette wird als Kernmaßnahme eingeschätzt, stellt gleichzeitig aber auch die größte Herausforderung durch Vorbehalte bei der nötigen Zusammenarbeit und bezüglich des Austauschs von Daten dar. Fortschritte werden zudem oftmals durch Unwissen über effektive Maßnahmen und fehlende Ressourcen verhindert.

Weitere Inhalte der Studie sowie eine Beschreibung der Methodik finden Sie in der Management Summary, die auf der Seite www.bvl-trends.de oder im Pressebereich der BVL-Homepage (https://www.bvl.de/presse) heruntergeladen werden kann. Auf www.bvl-trends.de finden sich begleitende Whitepaper der Partner, die einzelne Aspekte der Studie vertiefen. Die ausführliche, vollständige Studie erscheint Anfang 2024.

Bewährter Partner für die Erhebung ist das Institut für Logistik und Unternehmensführung der Technischen Universität Hamburg mit Dr. Birgit von See und Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Kersten. Weitere Studienpartner sind KPS, Infront und die SRH Hamm.

Programmhinweis:
Die Studienergebnisse werden beim DLK am
Donnerstag, 19.10. von 15:15 – 16:00 Uhr im Raum Charlottenburg vorgestellt und diskutiert. Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der BVL und Dr. Birgit von See, stellv. Oberingenieurin beim Institut für Logistik und Unternehmensführung der TU Hamburg (TUHH) sprechen mit Alexander Doll, Chairman, Board Member und Investor sowie Axel Marschall, Managing Partner bei Infront Consulting, die die Studie durch ihre Expertise unterstützen.

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