Die Finanzhilfen des Bundes sollen 2023 gegenüber dem Vorjahr auf mehr als das Doppelte anwachsen. Grund sind die Hilfen angesichts der Energiekrise. Die Finanzhilfen insgesamt steigen von 77 Mrd. Euro im Jahr 2021 auf jeweils geplante 98 Mrd. Euro im Jahr 2022 und 208 Mrd. Euro im Jahr 2023. Finanzhilfen sind damit der gewichtigste Posten im laufenden Bundeshaushalt, vor allen anderen Ausgabenkategorien wie den Sozialausgaben. „Angesichts von Ausmaß und Bedeutung der Energiekrise für das soziale Zusammenleben im Land ist ein Anstieg der Finanzhilfen zu erwarten und nachvollziehbar. Aber dieses enorme Ausmaß sprengt den bislang gekannten Rahmen“, sagt Claus-Friedrich Laaser, Subventionsexperte am IfW Kiel.

Ursächlich für den außergewöhnlichen Niveausprung der Finanzhilfen des Bundes von 98 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf 208 Mrd. Euro im Jahr 2023 und damit um 113 Prozent ist das Sondervermögen des neuen Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Es umfasst über 120 Mrd. Euro, davon über 100 Mrd. Euro an Subventionen.

Die Finanzhilfen des Bundes wachsen damit laut Haushaltsplanung 2023 zum gewichtigsten Posten an. Von einem Euro, den der Bund ausgibt, fließen 2023 mehr als 30 Cent in Finanzhilfen, Sozialausgaben liegen mit knapp 30 Cent darunter. Nur knapp 20 Cent fließen in gegenwärtige oder zukunftsgerichtete staatliche Leistungen wie Infrastruktur oder Forschung und Bildung. 

Schätzt man für 2023 die Finanzhilfen der Länder, die seit 2015 wegen einer geänderten Buchhaltung nicht mehr ermittelt werden können, und die Steuervergünstigungen des Bundes, für die die jüngsten Daten aus 2022 stammen, ergibt sich für 2023 eine Gesamtsumme an Subventionen von 362 Mrd. Euro bzw. 9,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. 2022 waren es 252 Mrd. Euro oder 6,5 Prozent des BIPs. 2019 lag die Subventionsquote noch bei 5,8 Prozent des BIPs.

Alle Zahlen stammen aus dem heute veröffentlichten Kieler Subventionsbericht („Subventionen im Kontext des Bundeshaushaltsplans – eine Strukturanalyse in Zeiten von Ukrainekrieg und Energiekrise“).

Höchste Subventionen für Strom- und Gaspreisbremse

Größte Posten der für 2023 geplanten Finanzhilfen des Bundes sind die Ausgaben für die Strom- und Gaspreisbremse aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds mit 43 bzw. gut 40 Mrd. Euro. Es folgen Hilfen für die energetische Sanierung von Gebäuden mit knapp 17 Mrd. Euro und der Zuschuss zur gesetzlichen Krankversicherung mit 14,5 Milliarden Euro. 

Die Subventionsziele des Bundes haben sich klar in Richtung Umweltpolitik und Energie verschoben. Dafür werden mit fast 35 Mrd. Euro mittlerweile die meisten Finanzhilfen ausgegeben, Gelder aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds nicht eingerechnet. Noch vor 4 Jahren spielte dieses Ziel eine deutlich geringere Rolle. 

Finanzhilfen: Umweltsubventionen haben höchste Priorität

Neben den unter den Top 10 genannten Finanzhilfen fließen Gelder für umwelt- und energiepolitische Ziele etwa in die Förderung von Elektromobilität (4,5 Mrd. Euro), die Strompreiskompensation für Unternehmen (3 Mrd. Euro) oder in die Wasserstofftechnologie (1,5 Mrd. Euro).

Der Sektor Verkehr rückt mit gut 26 Mrd. Euro an zweite Stelle, größter Profiteur ist hier die Deutsche Bahn. An sie fließen insgesamt 12,6 Mrd. Euro, wobei Finanzhilfen für Erhalt und Investition in Schienenwege (4,7 bzw. 2 Mrd. Euro) besonders bedeutsam sind. 

Steuervergünstigungen 2022: 10 Prozent über dem Vorjahr 

Bei den Steuervergünstigungen waren bei Redaktionsschluss vollständige Daten nur für 2022 verfügbar. Sie lagen demnach mit gut 75 Mrd. Euro um fast 7 Mrd. Euro oder 10 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Größte Posten sind die Umsatzsteuerbefreiung der Sozialversicherungsträger, Krankenhäuser und anderer Institutionen des Gesundheitswesens (20,4 Mrd. Euro), die Entfernungspauschale (6,2 Mrd. Euro), der Erbschaftsteuerfreibetrag und die Erbschaftsteuerminderung (5,1 Mrd. Euro). Neu hinzu kam der Tankrabatt mit 3,1 Mrd. Euro.

Mit ebenfalls 3,1 Mrd. Euro bzw. 2,9 Mrd. Euro schlagen die ermäßigten Umsatzsteuersätze für kulturelle Leistungen bzw. für Restaurants und Verpflegungsdienstleistungen zu Buche.

„Die Bundeshaushalte der Jahre 2022 und 2023 sind geprägt von dem Bemühen, Probleme zu bewältigen, die der Ukraine‐Krieg und die daraus folgende Energiekrise mit sich gebracht haben. Zwar können Subventionen in bestimmten Fällen dafür ein Weg sein, jedoch sollten diese auf weniger begüterte Haushalte konzentriert sein“, so Laaser.

„Insgesamt ist die Subventionspolitik vor die Herausforderung gestellt, dass sich das internationale Umfeld für Subventionen geändert hat, wie etwa durch den „Inflation Reduction Act“ der USA. Die Wirtschaftspolitik in Deutschland muss überlegen, wie sie sinnvoll einen tragfähigen Rahmen für die eigene Industrie setzen kann und welche Rolle darin Subventionen zukommt, neben anderen Instrumenten im Standortwettbewerb wie Investitionen in die Infrastruktur, eine EU-weite Entbürokratisierung oder Freihandelsabkommen.“

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