„Die deutsche China-Strategie ist ein Schritt nach vorn im Vergleich zu frühen Entwürfen. Die Bundesregierung ist um eine breite strategische Perspektive bemüht, wichtige Fragen sind aber nicht oder unkonkret behandelt.
Brüssel und den deutschen Unternehmen kommt die Strategie entgegen. Sie setzt auf die EU als Regelsetzer, Akteur und Gegenmacht zu China und baut gegenüber deutschen Unternehmen vor allem rhetorischen Druck auf. Eigene Instrumente, wie das bilaterale Investitionsschutzabkommen mit China von 2003, bleiben unerwähnt. Eigene Ziele als führender Industriestandort in der EU ordnet die Bundesregierung der EU und ihren Zielen unter. Unternehmen behalten ihre Entscheidungsfreiheit und sollen durch nicht konkretisierte Anreize ermuntert werden, ihre Risiken in den Beziehungen zu China zu verringern und einseitige Abhängigkeiten abzubauen. Die Wirtschaft soll nur im erforderlichen Maß belastet werden. Maßnahmen zur Identifizierung von Abhängigkeiten von China, die Rolle der Industrie in diesen Fragen sowie die genauere quantitative Analyse der Abhängigkeiten sind nicht enthalten.
Die breite Zustandsbeschreibung der Beziehungen zu China auf allen Feldern der realen und monetären Außenwirtschaft und der häufige Einsatz der Standardformulierung „sich für Ziel X einzusetzen“ zeigt allerdings auch mangelndes perspektivisches Denken. Wie sich die chinesische und die deutsche Wirtschaft wahrscheinlich in den nächsten Jahren verändern werden und was das für eine Strategie Deutschlands, den Industriestandort zu verteidigen, bedeuten könnte, bleibt im Verborgenen. Ebenso bleibt der Einfluss Chinas auf global Finanzmärkte unterbelichtet.
Die zu erwartende Exportoffensive Chinas in Schlüsselsektoren in Deutschland und weltweit sowie vor allem deutsche Schwächen sind kaum benannt. Wenn schon auf die EU, den Binnenmarkt und seine Gegenmacht gesetzt wird, dann hätte die Bundesregierung konkrete Schwerpunkte wie die Vollendung der Kapitalmarktunion oder des Binnenmarktes für Dienstleistungen und entsprechende Vorschläge nennen können. Hier bleibt die Strategie auf halber Stecke stecken.
Unkonkret bleiben auch Pläne für den Abschluss von Handelsabkommen mit Drittstaaten, und dabei vor allem mit den USA. Zwar werden Handelsabkommen als wichtiges Instrument für die Diversifizierung genannt, aber auch mit Blick darauf, was die EU an Marktöffnungsangeboten zu leisten hätte, nennt die Strategie nur Ziele und keine konkreten Vorschläge zur Realisierung.
Fazit: Die Zustandsbeschreibung verzichtet auf eine Abrechnung mit Chinas Politik und seinen Werten. Das ist positiv und trägt dem Anspruch einer allgemeinen Strategie Rechnung. Sie eröffnet der EU Aktionsfelder und ordnet deutsche Interessen den Interessen Europas unter. Mit Blick auf Instrumente bleibt sie allerdings ebenso verbesserungswürdig wie in der Trennschärfe und der Priorisierung der Ziele.“
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