Analog zur Entwicklung des autonomen Fahrens in der Automobilindustrie, arbeitet die Schienenverkehrsbranche an der Realisierung eines vollautomatisierten Fahrbetriebs (automatic train operation, ATO). Eine große Herausforderung ist dabei die sensorbasierte Objekterkennung: Zugtrassen müssen überwacht und Hindernisse frühzeitig und zuverlässig erkannt werden, um gegebenenfalls eine Schnellbremsung einleiten zu können. Um automatisierte Fahrfunktionen zu entwickeln, die diesen Anforderungen gerecht werden, werden maschinelle Lernverfahren eingesetzt. Hierfür werden Trainingsdaten benötigt, die idealerweise durch unterschiedliche Sensorarten erhoben werden. Die Verfügbarkeit solcher Multisensor-Daten war für den Schienenverkehr bisher jedoch begrenzt.

„Open Sensor Data for Rail 2023“ (OSDaR23) ist der erste offene Multisensor-Datensatz für Züge im Fernverkehr, der Informationen von vielen verschiedenen Sensoren für Trainings-, Validierungs- und Testzwecke zur Verfügung stellt. Der Datensatz wurde im Rahmen des Projekts „Aufbereitung von Datensätzen für Anwendungen des automatisierten Fahrens im Eisenbahnbetrieb“ im Auftrag des Deutschen Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF) beim Eisenbahn-Bundesamt durch die FusionSystems GmbH und unter Verwendung von Sensordaten der DB Netz AG / Digitale Schiene Deutschland erstellt. Für die Datenerhebung kamen Infrarotkameras, Farbbildkameras sowie LiDAR-, Radar-, Positions- und Beschleunigungssensoren zum Einsatz.

Ziel der Veröffentlichung von ODSaR23 ist es, die automatisierte Umfeldwahrnehmung auf der Schiene zu verbessern und Softwaresysteme mit Hilfe maschinellen Lernens (ML) zu trainieren, zu testen und zu validieren.  Damit die Daten bestmöglich austauschbar und wiederverwendbar sind, müssen sie für alle Nutzer lesbar und verständlich sein. Um das zu gewährleisten, hat die Projektgruppe ASAM OpenLABEL als standardisiertes Format für die Annotation der Daten gewählt. Der Standard, der sich in der Automobilbranche bereits durchgesetzt hat, legt fest, wie Objektinformationen kategorisiert und beschrieben werden müssen, um autonomen Fahrsystemen ein gemeinsames grundlegendes und tiefgreifendes Verständnis ihrer Umgebung zu liefern. Verständigungsprobleme zwischen Systemen, die im realen Leben zu Unfällen führen können, werden so vermieden.

ASAM OpenLABEL wurde 2021 von der Standardisierungsorganisation ASAM e.V. entwickelt und veröffentlicht. Forschungsprojekte im Automobilbereich, wie AVEAS, SUNRISE oder SET Level, sowie private Unternehmen setzen ASAM OpenLABEL bereits erfolgreich ein. Der Standard ist Teil der ASAM OpenX®-Familie, die sich in der Automobilindustrie allmählich zur branchenweiten Referenz für das simulationsbasierte Testen von automatisierten Fahrfunktionen entwickelt. ASAM OpenLABEL wird bei ASAM e.V. gepflegt und gemäß den Anforderungen der Branche weiterentwickelt. So soll Ende 2023 ein Nutzertreffen stattfinden, das den Standard auf seine technologische oder inhaltliche Aktualität prüft und ggf. weitere Entwicklungsschritte festlegt.

Über ASAM e. V.

ASAM e.V. setzt sich aktiv für Standardisierung in der Automobilentwicklung ein. Gemeinsam mit seinen über 400 Mitgliedsunternehmen entwickelt der Verein Standards, die einen einfachen Austausch von Daten und Werkzeugen innerhalb und über Werkzeugketten hinweg ermöglichen. ASAM Standards decken ein breites Anwendungsspektrum im Bereich Verifikation und Validierung (V&V) von Fahrzeugen ab und sind weltweit im Einsatz.

Die ASAM OpenX®-Standards, stellen einen kompletten Satz an Standards für das simulationsbasierte Testen von automatisierten Fahrfunktionen bereit. Sie decken große Bereiche der virtuellen Entwicklung sowie hybride Testverfahren – eine Kombination aus virtuellen und physischen Komponenten – ab. Die ASAM OpenX-Standards entwickeln sich rasch zur branchenweiten Referenz für ihre jeweiligen Anwendungsfälle und werden von der Mehrheit der Anbieter von Simulationstools sowie von Herstellern weltweit unterstützt. (www.asam.net)

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