Nach wie vor landen fast 40 Prozent der Bioabfälle hierzulande nach einer Untersuchung des Umweltbundesamtes in den Restmülltonnen. Deshalb fordert der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) eine Zeitenwende in der Abfallwirtschaft. „Wir brauchen ein Umdenken, denn Bioabfälle sind ein wertvoller Energierohstoff. Deshalb muss endlich Schluss sein mit der bisherigen Energieverschwendung“, moniert Dr. Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender des LEE NRW, am Vortag des morgigen bundesweiten „Tags der Biotonne“, „dieser Irrwitz wird noch dadurch getoppt, dass dieser wichtige Rohstoff für die Biogasnutzung vielerorts in Müllverbrennungsanlagen verbrannt wird.“
Die Biogaserzeugung auf Basis von Bioabfällen ließe sich nach überschlägigen Berechnungen jährlich auf gut 10 Milliarden Kilowattstunden in etwa verdoppeln. Würden endlich im großen Stil auch Lebensmittelabfälle für die Biogasproduktion genutzt, ergäbe sich eine weitere Steigerung: Derzeit werden bundesweit rund 60 Mrd. Kilowattstunden importiertes Erdgas für die Stromerzeugung eingesetzt, sprich allein mit einer konsequenten Nutzung von Bioabfällen könnten die Erdgasimporte für die Stromproduktion um annähernd 17 Prozent gesenkt werden.
Für den LEE NRW muss deshalb schnellstens landes- und bundesweit in allen Städten und Gemeinden eine Grüne/Braune Tonne verpflichtend eingeführt werden, um die Bioabfälle flächendeckend gezielt einzusammeln und anschließend für die Biogaserzeugung zu nutzen. Für eine optimale dezentrale Verwertung der eingesammelten Reststoffe sind nach Einschätzung des LEE NRW neue Abfallvergärungsanlagen notwendig, die durch den aktuell geltenden Landesentwicklungsplan beschränkt werden. „Damit können teure LNG-Gasimporte reduziert werden. Politik, Gesellschaft und Wirtschaft sind gut beraten, prioritär die vorhandenen heimischen Energierohstoffe zu nutzen", so Griese.
Der LEE NRW begrüßt es, dass der Zweckverband Entsorgungsregion West (zum ZEW gehören die StädteRegion Aachen, die Stadt Aachen sowie die Kreise Düren und Euskirchen) künftig noch mehr auf Bioabfälle setzt: Die Kapazität der von der AWA Entsorgung GmbH betriebenen Bioabfallvergärungs- und Kompostierungsanlage Würselen, in der bereits seit 2012 jährlich rund 18.500 Tonnen Bioabfälle für die Biogaserzeugung genutzt und etwa 9.000 t/a Kompost erzeugt werden, soll in absehbarer Zeit erheblich erweitert werden.
Dass die Kapazität der Bioabfallvergärungs- und Kompostierungsanlage in Würselen erweitert wird, ist geboten: Im vergangenen Jahr sind im Verbandsgebiet rund 60.000 Tonnen Bioabfälle eingesammelt worden. In der Anlage in Würselen selbst können nur jährlich 30.000 t biogene Wertstoffe zu Biogas und Kompost verarbeitet werden. „Die übrigen Mengen werden aktuell extern verarbeitet und gehen derzeit ausschließlich in Kompostierungsanlagen ohne Bioenergiegewinnung. Zu unseren wichtigen Zielen zählt es, dieses Potential auch für die energetische Nutzung zu heben“, betont ZEW-Geschäftsstellenleiterin Maren Killewald.
Damit künftig mehr Bioabfälle erfasst werden, hat der ZEW für die Verbandskommunen die Gebühren geändert. Maren Killewald: „Wir hoffen, dass die niedrigen Gebührensätze einen weiteren Anreiz geben, Bioabfälle noch sorgfältiger zu trennen und aus dem Restabfall herauszuhalten.“
Neben der Steigerung der Bioabfallmengen ist der AWA Entsorgung GmbH, die die Anlage in Würselen betreibt, vor allem die Qualität der angelieferten Bioabfälle ein besonderes Anliegen. „In den Biotonnen landen leider viel zu viele Störstoffe, was die Nutzung der Bioabfälle für die Komposterzeugung teilweise unmöglich macht“, verweist Joseph Stiller, AWA-Verantwortlicher für die Anlage Würselen, auf den unbefriedigenden Status quo. Die Abfuhrbezirke mit hohen „Fehlwurfquoten“ sind durch aufwendige Recherchen bekannt.
Der ZEW, der Anlagenbetreiber und die einsammelnden Entsorgungsbetrieben setzen gemeinsam auf eine gezielte Aufklärungsarbeit, um die Qualität der Bioabfälle zu verbessern. Sollte das nicht gelingen, sind künftig aber auch Sanktionen geplant: Beispielsweise könnten „fehlbefüllte Tonnen“ nicht geleert werden, um so den notwendigen Reinheitsgrad zu erreichen. Denn der Störstoffanteil bei der Bioabfallerfassung muss demnächst erheblich reduziert werden. Genau das sehen neue Grenzwerte der novellierten Bioabfallverordnung vor, die ab dem 1. Mai 2025 gelten. Deshalb stellt Stiller klar: „In die Biotonne gehören ausschließlich organische Abfälle aus Küche und Garten. Kunststoff, Metalle, Glas oder Verpackungen haben in der Biotonne wirklich nichts zu suchen.“
Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen bündelt der LEE NRW die Interessen aus allen Bereichen der Energiewende. Zum Verband zählen mittelständische Unternehmen, Verbände und Bürger. Das gemeinsame Ziel: 100% Erneuerbare Energien bis 2045 – in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr. Dafür engagieren sich auch fünf LEE-Regionalverbände als kompetente Ansprechpartner vor Ort. Denn im Energieland Nr. 1 ist die Branche wichtiger Arbeitgeber für 46.000 Beschäftigte, die 2017 ein Umsatzvolumen von 10 Mrd. Euro erwirtschafteten.
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