Hintergrund
Für Leistungen, die ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer erbringt, muss er im Regelfall Umsatzsteuer zahlen. Dabei kann die Leistung irgendein beliebiger Vorteil sein, der irgendwie zu verbrauchen oder zu konsumieren ist. Wichtig ist nur, dass der Leistungsempfänger klar zu definieren ist.
Der Fall
Eine Erzeugergenossenschaft kaufte von Landwirten, ihren Mitgliedern, Obst und Gemüse. Die Waren verkaufte die Genossenschaft im eigenen Namen weiter. Die Landwirte bekamen anschließend eine Gutschrift. Diese setzte sich aus dem Verkaufspreis abzüglich einer „Marktgebühr“ zusammen. Die Umsatzsteuer war in der Gutschrift zwar für das Obst und Gemüse ausgewiesen, jedoch nicht für die „Marktgebühr“.
Die Erzeugergenossenschaft argumentierte, dass die Marktgebühr ausschließlich der Eigenvermarktung zuzurechnen sei. Sie ziehe diese den Landwirten ab, um davon beispielsweise Verpackungskosten, Werbebeiträge und die Kühlung zu finanzieren. Damit fehle es für eine Umsatzsteuerpflicht an dem notwendigen Leistungsaustausch gegenüber den Mitgliedern.
Das Finanzamt war jedoch der Meinung, dass die Marktgebühr der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz (19 Prozent) zu unterwerfen sei.
Als Folge hätten pauschalierende Landwirte für die Marktgebühren nicht den vollen Vorsteuerabzug erhalten.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Die Richter des Bundesfinanzhofs gaben mit dem Urteil vom 13.09.2022 der Erzeugergenossenschaft recht (Aktenzeichen XI R 8/20). Aus der Anlieferordnung ergibt sich, dass die Erzeugergenossenschaft das Obst und Gemüse ankauft und in eigenem Namen an die Abnehmer weiterverkauft. Dadurch sind die Marktgebühren für die Vermarktung der Waren keine Leistung. Es handelt sich lediglich um die Gewinnmarge. Diese behält die Erzeugergenossenschaft für sich selbst, wie dies jeder Händler tut. Aus diesem Grund muss die Erzeugergenossenschaft keine Umsatzsteuer auf die Marktgebühr erheben.
Zu beachten:
Ausschlaggebend für dieses Urteil war, dass die Erzeugergenossenschaft die Produkte im eigenen Namen verkaufte. Es sorgte allerdings für Verwirrung, dass mit den Erzeugern keine festen Ankaufspreise für ihre Waren vereinbart waren. Diese hingen vom jeweiligen Verkaufspreis ab. Daher war in der Gutschrift immer der Verkaufspreis angegeben, abzüglich der prozentualen Marktgebühr der Erzeugergenossenschaft.
Das Urteil zeigt, wie kompliziert es sein kann, die Umsatzsteuer richtig zu berechnen. Hätte die Genossenschaft für die Marktgebühren von den Erzeugern Umsatzsteuer verlangt, hätte sie doppelt Steuer berechnet. Die Marktgebühren waren als Gewinnmarge bereits im Verkaufspreis der Produkte an den Endkunden eingepreist.
„Da es für Landwirte teuer sein kann, wenn sie zu viel gezahlte Steuern nicht erstattet bekommen, sollten sich im Zweifel beide Seiten steuerlich beraten lassen“, rät Ecovis-Steuerberater Helmut Fritzsch in Mühldorf am Inn.
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