Nach der vom Fachverband Biogas aktuell veröffentlichten Branchenstatistik entfallen von den 138 Biogasanlagen, die im vergangenen Jahr mit einer elektrischen Nettoleistung von 194 Megawatt neu in Betrieb gegangen sind, auf Nordrhein-Westfalen nur acht Biokraftwerke. „Der Biogasausbau findet in NRW so gut wie nicht mehr statt“, kommentiert Christian Mildenberger, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien (NRW), die „extrem bescheidene Ausbilanz“. Bereits im Vorjahr 2020 hatte NRW mit nur 15 neuen Anlagen einen Tiefpunkt beim Biogasausbau erlebt.
Dass NRW mit lediglich acht Neuanlagen im Ländervergleich nach Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein immerhin noch auf Platz 5 gelandet ist, bewertet Mildenberger als deutliches Indiz dafür, „wie sehr die Politik die Biogasnutzung in den zurückliegenden Jahren vernachlässigt hat, was auf falsche Förderbedingungen zurückzuführen ist.“ Das Potenzial des Multitalents Biogas, mit dem die grüne Stromerzeugung, die Wärme- sowie die Mobilitätswende gezielt ausgebaut werden könnten, werde nur in Ansätzen genutzt. Eine Trendumkehr ist aber nicht in Sicht: Für dieses Jahr erwartet der Fachverband Biogas den Nettozubau von lediglich 120 Anlagen.
Deshalb fordert der LEE NRW sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene einen Biogas-Gipfel, an dem die Politik, Betreiber von Biogasanlagen, der Deutsche Bauernverband und auch die Landwirtschaftskammern teilnehmen sollen. „Wir müssen endlich den Energieträger Biogas entfesseln, dessen Stellenwert für die heimische Energieversorgungssicherheit angesichts der ausbleibenden Erdgasimporte aus Russland einfach größer werden muss“, so Mildenberger.
Von diesen Biogas-Gipfeln verspricht sich der LEE NRW auch, dass eine Reihe von sich widersprechenden Regelungen und Verordnungen für die Biogasnutzung vereinheitlicht werden.
So schreibt beispielsweise das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine sogenannte hydraulische Verweilzeit der Substrate in den Gärfermentern von 150 Tagen vor, da anderenfalls der EEG-Vergütungsanspruch entfällt. Die für Biogasbauern ebenfalls bindende Technische Anleitung Luft lässt nach Analyse des Restgaspotenzials dagegen eine kürzere Verweildauer zu. Nach dem jüngst geänderten Energiesicherungsgesetz 3.0, das Biogasanlagen für die kommenden Monate eine höhere Gasproduktion ermöglicht, bedarf es ohnehin neuer gesetzlicher Vorgaben für die Verweilzeit. Denn Experten gehen davon aus, dass mit einer geänderten Substratzusammensetzung die maximale Verweilzeit von 150 Tagen ohnehin nicht eingehalten werden kann.
Auf der Tagesordnung der Biogas-Gipfel in Bund und Land muss nach Einschätzung des LEE NRW auch eine verpflichtende Einführung einer Brauen Tonne in allen Städten und Gemeinden stehen, mit der biogene Reststoffe eingesammelt und für die Umwandlung zu Biogas genutzt werden. „Es ist der reine Irrsinn, dass dieser wichtige Rohstoff in vielen Kommunen nach wie vor ungenutzt bleibt und teilweise mit hohem Energieaufwand in Müllerverbrennungsanlagen verbrannt wird“, klagt Mildenberger.
Für diese Legislaturperiode hat sich die schwarz-grüne Landesregierung den Bau von zusätzlichen 1.000 neuen Windenergieanlagen zum Ziel gesetzt. „Es wäre schön, wenn wir auch für den Biogassektor noch ein konkretes Ausbauziel bekommen“, betont LEE NRW-Geschäftsführer Christian Mildenberger.
Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen bündelt der LEE NRW die Interessen aus allen Bereichen der Energiewende. Zum Verband zählen mittelständische Unternehmen, Verbände und Bürger. Das gemeinsame Ziel: 100% Erneuerbare Energien bis 2045 – in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr. Dafür engagieren sich auch fünf LEE-Regionalverbände als kompetente Ansprechpartner vor Ort. Denn im Energieland Nr. 1 ist die Branche wichtiger Arbeitgeber für 46.000 Beschäftigte, die 2017 ein Umsatzvolumen von 10 Mrd. Euro erwirtschafteten.
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