Die Wirtschaft sieht sich gerade zahlreichen Herausforderungen ausgesetzt. Welche Rolle spielt vor diesem Hintergrund das Thema Kreislaufwirtschaft?
Kreislaufwirtschaft ist eine sehr komplexe Sache, denn wenn sie funktionieren soll, muss schon am Anfang mitbedacht werden, wie das Produkt am Ende, also wenn es im Abfall gelandet ist, wieder in den Kreislauf kommt. Es ist aber erfreulich, dass das Thema jetzt auch die großen Unternehmen bis hin zu DAX-Konzernen übernehmen, nachdem es noch vor wenigen Jahren ein Nischendasein gefristet hat. Derzeit hält das Thema Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffbranche stark Einzug – vor zehn Jahren hätte das absolut niemanden interessiert. Damals drehte sich alles ausschließlich um den günstigsten Preis.
Sehen Sie in der Kreislaufwirtschaft eine Herausforderung on top oder eher eine Chance für die Wirtschaft?
Kurzfristig handelt es sich eindeutig um eine zusätzliche Herausforderung in sehr schwierigen Zeiten. Mittel- und langfristig aber wird es sich auf die Kosten der Wirtschaft positiv auswirken. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In der EU soll die Müllverbrennung in den Zertifikatehandel einbezogen werden – damit wird die Verbrennung teurer. Als Folge wird die Vermeidung von Verbrennung, zum Beispiel durch Kreislaufwirtschaft, relativ gesehen günstiger und wettbewerbsfähiger. In der Vergangenheit war es umgekehrt. Wer eine Kreislauflösung hat, profitiert also von einer Kostenentlastung. Man benötigt allerdings eine kritische Größe, bis es funktioniert und eine gewisse Infrastruktur mit der passenden Technologie, die die Ströme bewältigt. Aber wenn beides vorhanden ist, ist die Kreislaufwirtschaft preisgünstiger als das bisherige System der Müllverbrennung.
Mir ist aber noch etwas anderes sehr wichtig. Wir haben nur eine Erde, die Weltbevölkerung wächst kontinuierlich – vor diesem Hintergrund müssen wir mit den vorhandenen Ressourcen gut wirtschaften. Aber nur mit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist es uns möglich, mit den bestehenden Ressourcen arbeiten zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die entsprechenden Technologien immer weiterentwickeln.
Kommen wir zu spät mit der Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft?
Sehr spät, aber nicht zu spät. Es bringt aber jetzt gar nichts, darüber nachzudenken, wo wir sein könnten, wenn wir früher angefangen hätten. Wichtiger ist, daran zu arbeiten, dass wir noch schneller werden. Ich sehe uns aber eigentlich schon auf einem ganz guten Weg.
APK verwendet eine Technologie, die sie Newcycling nennen. Was verbirgt sich dahinter?
Das Problem ist bisher, dass es bei Recyclingprodukten zwei Arten von Qualitäten gibt. Bei PET-Flaschen funktioniert es bereits richtig gut. Die Qualität entspricht dem Neuprodukt und die Rückgewinnungsquoten sind sehr hoch. Andere Kunststoffe werden aber heute noch zu minderwertigen Produkten, wie z.B. Blumentöpfen, verarbeitet, weshalb auch von Downcycling gesprochen wird. Das liegt daran, dass bestehende Recyclingtechnologien oft nicht alle Fremdstoffe, die die Qualität beeinträchtigen, im Recyclingprozess herausholen können. Bei Newcycling haben wir uns überlegt, wie wir das besser hinbekommen und neben organischen Verschmutzungen auch Druckfarben, Pigmente und Fremdpolymere entfernen können. Das Ganze ist nicht trivial zu lösen, aber es ist uns gelungen, mit einem bestimmten Prozess die einzelnen Bestandteile herauszuholen, und das bereits im industriellen Maßstab mit zig Tonnen. Damit stehen wir einzigartig auf der Welt. Wir haben das System zuerst für LDPE entwickelt, das ist ein Kunststoff, der von der Industrie häufig verwendet wird. Durch unser Verfahren wird das Material wie neu – deshalb nennen wir es Newcycling.
Ziehen die Unternehmen schon mit?
Wir spüren ein großes Interesse. Das Problem ist, dass wir noch gar nicht die Kapazitäten haben, um die Anfragen zu erfüllen. Wir planen, in Europa bis 2030 etwa acht Werke zu bauen, um Newcycling in großem Maßstab anzuwenden. Es gibt einen hohen Zuspruch aus der Industrie, sich daran zu beteiligen. Wir sehen uns als Teil einer Entwicklung, an deren Ende eine funktionierende Kreislaufwirtschaft stehen muss.
Die APK AG
APK entwickelt Kunststoffrecyclingtechnologien und produziert Kunststoffrezyklate äußerst hochwertiger Qualität für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern aus verschiedensten Stoffströmen an den Standorten Merseburg und Frankfurt/Main. Mehr dazu erfahren Sie gerne persönlich auf der Weltleitmesse für Kunststoffe K2022 vom 19. bis 26. Oktober 2022 in Düsseldorf an unserem Messestand C43 in Halle 8b.
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