191 km/h betrug die höchste Windgeschwindigkeit, die bislang in der deutschen Nordsee gemessen wurde. Zwar werden im Meer errichtete Windkraftanlagen bereits bei deutlich niedrigeren Windgeschwindigkeiten abgeschaltet. Doch den gewaltigen Kräften eines Orkans müssen die Anlagen unter allen Umständen trotzen – und das über die gesamte Lebensdauer. Eine wichtige Rolle spielt dafür die Gründung, mit der die Türme im Meeresboden verankert werden. Sie erfolgt bei geringer Wassertiefe, wie sie in Nord- und Ostsee vorherrschen, in der Regel durch sogenannte „Monopiles“. Dabei handelt es sich um Stahlpfeiler, die in den Meeresboden gerammt werden und deren oberes Ende sich oberhalb der Wasseroberfläche befindet. Der Turm, der bereits bei einer 10-Megawatt-Anlage eine Höhe von 150 Meter bis zur Rotornabe erreichen kann, wird in der Regel nicht direkt auf den Pfeiler montiert, sondern von einem Verbindungsstück – einem Flansch – getragen. Die Befestigung des Flansches erfolgt mit mehreren Dutzend Schraubenbolzen, die nach der Montage des Turms für jede Wartung unzugänglich sind. Damit die Verschraubung trotz der rauen Umgebung auf See nicht korrodiert, muss sie vor dem Eindringen von Feuchtigkeit geschützt werden. In mehr als 800 Offshore-Windkraftanlagen übernehmen heute bereits Dichtungen von Freudenberg Sealing Technologies diese wichtige Aufgabe.
Die wichtigste Funktion kommt einer Ringdichtung am oberen Ende des Pfeilers zu: Sie umschließt den innenliegenden Teil des Verbindungsstücks, der die Verschraubung trägt. Diese Flanschdichtung mit dem Kürzel MP-TP (Monopile-Transition-Piece) kann für moderne Anlagen einen Durchmesser von acht bis zehn Meter erreichen. Seit einigen Jahren bietet Freudenberg Sealing Technologies diese Dichtung auch in doppelter Ausführung an. Vorteil des zweireihigen Aufbaus ist vor allem die sich ergebende Redundanz, wie Freudenberg-Experte Manuel Hille erläutert: „Kommt es während des Transports oder der Montage zu kleinen Schäden an einer der beiden Dichtungen, ist die Funktion trotzdem sichergestellt. Darüber hinaus lassen sich verschiedene Designs und Materialien in optimaler Weise miteinander kombinieren“ Die konkrete konstruktive Auslegung erfolgt allerdings fast ausschließlich kundenspezifisch, um den vorhandenen Bauraum optimal zu nutzen. Auf Wunsch bietet Freudenberg auch ein bereits etabliertes Standardprodukt an.
Bei gängiger Bauweise verbleibt ein Spalt zwischen dem unteren Ende des Verbindungsstücks und dem Pfeiler. Dafür, dass kein Meerwasser eindringen kann, sorgen eine oder zwei mit Luftkammern durchzogene Ringdichtungen, die als elastische Wellenbrecher ausgelegt sind. Wird der Spalt hingegen mit Zement aufgefüllt, kann eine Ringdichtung den Zement während des Aushärtens in der gewünschten Position halten und später vor einem Salzwasserangriff schützen. Zudem lassen sich Wartungsplattformen, die oft oberhalb der Wasseroberfläche im Inneren des Monopiles angebracht sind, mit einer speziell ausgelegten Dichtung vor dem Eindringen von Gasen schützen. Solche Gase bilden sich unter Umständen aufgrund biologischer Prozesse des Meerwassers im Pfeiler.
Auf langes Leben ausgelegt
Die Lebensdauererwartungen an die Bauteile von seegestützten Windkraftanlagen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Galten anfangs 25 Jahre als guter Wert, erfolgt die Auslegung mittlerweile auf bis zu 35 Jahre. Eine so lange Betriebsdauer kann nicht über Prüfstandtests abgesichert werden. Deshalb extrapoliert Freudenberg die Ergebnisse sechswöchiger intensiver Belastungstests mit Hilfe eines adaptierten Arrhenius-Algorithmus. Das nach dem schwedischen Chemiker und Nobelpreisträger Svante August Arrhenius benannte und an sich bekannte Verfahren wurde von Freudenberg-Experten in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt. So verbesserten sie das Lebensdauermodell deutlich, indem sie chemische und physikalische Effekte mit dem strukturmechanischen Verhalten des Werkstoffs koppelten.
„80 Prozent aller aktuell projektierten Meeres-Windparks basieren auf der Monopile-Technik“, schätzt Marcel Schreiner, der für Freudenberg Sealing Technologies den Vertrieb im Energiebereich verantwortet. „Für uns ist das ein wichtiger Wachstumsmarkt.“ Auch der Trend zu immer größeren Anlagen – für das Jahr 2030 sind Nennleistungen von 20 Megawatt im Gespräch – spricht aus Sicht des Experten dafür, bei der Komponentenwahl besonderes Augenmerk auf die Lebensdauer zu legen.
Die MP-TP-Dichtungen zeigt Freudenberg Sealing Technologies auch auf seinem Stand B6.531 auf der Fachmesse WindEnergy 2022 in Hamburg. Zusätzlich dazu sind weitere Produkte wie beispielsweise Seventomatic S95 für ölgeschmierte Hauptwellenlager, Kolbenspeicher für die Pitchregelung von Windkraftanlagen und Dichtungen für Elektrolyseure zu sehen. Am selben Stand präsentieren auch Klüber Lubrication und Freudenberg Performance Materials Produkte ihre aktuellen Produkte und Entwicklungen speziell für die Windenergie.
Freudenberg Sealing Technologies ist langjähriger Technologieexperte und weltweiter Marktführer für anspruchsvolle und neuartige Anwendungen in der Dichtungstechnik und der Elektromobilität. Mit seiner einzigartigen Werkstoff- und Technologiekompetenz ist das Unternehmen bewährter Zulieferer von anspruchsvollen Produkten und Anwendungen sowie Entwicklungs- und Servicepartner für Kunden in der Automobilindustrie und der allgemeinen Industrie. Im Geschäftsjahr 2021 erzielte Freudenberg Sealing Technologies einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro und beschäftigte zirka 13.500 Mitarbeiter. Weitere Informationen unter www.fst.com.
Das Unternehmen gehört zur weltweit tätigen Freudenberg-Gruppe, die mit den Geschäftsfeldern Dichtungs- und Schwingungstechnik, Vliesstoffe und Filtration, Haushaltsprodukte sowie Spezialitäten im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro erwirtschaftete und in etwa 60 Ländern zirka 50.000 Mitarbeiter beschäftigte. Weitere Informationen unter www.freudenberg.com.
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