Professor Thomas Hannappel von der Technischen Universität Ilmenau hat mit seinem Forscherteam den Thüringer Forschungspreis 2022 in der Kategorie „Grundlagenforschung“ gewonnen. Mit seinen Forschungsarbeiten erzielte das Wissenschaftlerteam bedeutsame Fortschritte bei der Entwicklung von Halbleiterstrukturen zur effizienten Nutzung von Sonnenenergie zur Erzeugung von grünem Wasserstoff – möglicherweise dem regenerativen Energieträger der Zukunft. Der Thüringer Forschungspreis wird vom Freistaat Thüringen in den Kategorien „Grundlagenforschung“ und „Angewandte Forschung“ vergeben und ist mit jeweils 25.000 Euro dotiert.

Dem internationalen Forscherteam um Prof. Thomas Hannappel, Leiter des Fachgebiets Grundlagen von Energiematerialien an der TU Ilmenau, gelang es, unterschiedliche Halbleitertypen miteinander zu verbinden. Damit kann beispielsweise der Wirkungsgrad von herkömmlichen Silizium-Solarzellen deutlich erhöht werden. Die Integration unterschiedlicher Halbleiter, dem Hauptbestandteil von Solarzellen oder auch Mikrochips, verspricht eine deutlich höhere Effizienz bei der Umwandlung von Sonnenenergie in Wasserstoff im Vergleich zu konventionellen Ansätzen – bei niedrigen Kosten. Mit Hilfe so konzipierter sogenannter künstlicher Blätter könnte bei der Wasserstofferzeugung in Zukunft eine Effizienz von deutlich über 20 Prozent erzielt werden. Solche innovativen Halbleiter-Bauelemente werden künstliche Blätter genannt, weil auch hier, genau wie bei dem Blatt eines Baumes, Wasser mithilfe von Sonnenlicht direkt in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. Bisher war es Hannappel und seinem Forscherteam gelungen, bei der direkten solaren Wasserspaltung zur Gewinnung von Wasserstoff einen Wirkungsgrad von 19 Prozent zu erreichen – noch vor den nun prämierten Forschungsarbeiten zum Halbleiter-Kristallwachstum auf kostengünstigem Silizium.

In seinen neuen Arbeiten erforschte Hannappel die sogenannten Grenzflächen zwischen Silizium, dem wichtigsten Stoff der Halbleiterindustrie, und den zurzeit effizientesten Halbleitern, den III-V-Halbleitern. Als Grenzfläche wird die Fläche zwischen zwei unterschiedlichen Stoffen oder Strukturen bezeichnet, etwa die Fläche zwischen zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten wie Öl und Wasser. Grenzflächen wissenschaftlich zu analysieren und zu bearbeiten, ist äußerst schwierig – der österreichische Nobelpreisträger für Physik Wolfgang Pauli sagte einmal: Gott schuf das Volumen des Festkörpers, der Teufel die Oberfläche. Die Bearbeitung von Grenzflächen ist umso schwieriger, wenn sie, wie im Fall der Flächen zwischen Silizium und III-V-Halbleitern, von anderem Material bedeckt werden. Mithilfe modernster In-situ-Spektroskope gelang es den Forschern der TU Ilmenau, den mikroskopischen Aufbau der kritischen Grenzflächen auf atomarer Skala optisch zu durchleuchten und zu verstehen – weltweit ein Alleinstellungsmerkmal, insbesondere, da sie dieses Verfahren der Grundlagenforschung mit konkreten industriellen Herstellungsmethoden verbinden.

Die Ilmenauer Forschungsarbeiten ermöglichen neue, hochwertige Halbleiter-Strukturen für die regenerative Energieerzeugung mit besten Aussichten auf hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit. In der Photovoltaik-Industrie kann ein Tandem aus Silizium und III-V-Halbleitern in Hightech-Bauelementen zur hocheffizienten Umwandlung von Solarenergie in Wasserstoff und damit in kostengünstigen Strom eingesetzt werden. Darüber hinaus kann mit einem solchen Bauelement auch Wasser mithilfe von Sonnenlicht in Wasserstoff- und Sauerstoffgas zerlegt werden. Dabei gilt Wasserstoff als entscheidender Baustein für eine stabile, sichere und kostengünstige Strom-Energieversorgung in Deutschland.

Die Leistungen des Ilmenauer Forscherteams zugunsten einer effizienten Stromerzeugung sind umso bedeutsamer angesichts der aktuellen Diskussion, die Energieindustrie in Deutschland unabhängig von Importen zu machen. So wird die Halbleiterindustrie weltweit immer mehr zu Schlüsselindustrie – und die Halbleiter Silizium und III-V-Halbleiter erfolgreich zusammenzubringen, gilt dabei als Durchbruchstechnologie. Die erfolgreiche Integration der derzeit leistungsstärksten Halbleiter, der III-V-Halbleiter, mit dem bislang bewährtesten Halbleiter Silizium würde nicht nur den Wirkungsgrad in der Photovoltaik gegenüber heutiger Technologien drastisch erhöhen, auch würde die Bereitstellung von elektrischer Leistung deutlich günstiger. Und in Zukunft könnte mithilfe dieser Halbleiter-Kombination sogar das Treibhausgas Kohlendioxid zu hochwertigen Brennstoffen umgewandelt werden.

Schon arbeiten die prämierten Wissenschaftler um Prof. Thomas Hannappel gemeinsam mit anderen Energieforscherinnen und -forschern der TU Ilmenau an einem großangelegten Vorhaben, das dazu beitragen soll, die Energieversorgung in Deutschland künftig stabil, sicher und kostengünstig zu machen. Zusammen mit renommierten Universitäten und Forschungseinrichtungen bereiten sie ein Projekt vor, in dem effiziente, wettbewerbsfähige künstliche Blätter zur regenerativen Erzeugung von grünem Wasserstoff entwickelt werden sollen.

In der Verleihung des Thüringer Forschungspreis an das Team um Prof. Hannappel erkennt der Präsident der TU Ilmenau, Prof. Kai-Uwe Sattler, dass die hervorragende Energieforschung an der TU Ilmenau und ihre weltweite Vernetzung auch von außen wahrgenommen wird: „Ich gratuliere Prof. Hannappel und seinem Team ganz herzlich zu dem bedeutendsten Forschungspreis Thüringens. Die Auszeichnung beweist, dass unsere Universität einen konkreten Beitrag zur Grundlagenforschung in der Energieerzeugung leistet. Sie ist auch Ansporn, die Forschungsarbeiten zu intensivieren und damit auch zur Wende hin zu regenerativen Energien beizutragen.“

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