Zunächst einmal muss der Umstand angegangen werden, dass alles unnötigerweise abgekürzt wird. Die Vielzahl an Definitionen und freiwilligen Standards in diesem Bereich ist nach wie vor verwirrend. Sie sind alle zweifelsohne wohlgemeint, versuchen aber oftmals, ähnliche Herausforderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln anzugehen, ohne dabei ihre gegenseitige Wechselwirkung zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich ein beinahe undurchdringliches Gewirr, das es mitunter selbst äußerst kompetenten ESG-Spezialisten erschwert festzustellen, was nun „gut“ ist und was nicht.
Glücklicherweise ist diese Problematik mittlerweile wohl bekannt. Es sind einige gemeinsame Prinzipien im Entstehen begriffen, die den Netto-Null-Zielen Glaubwürdigkeit verleihen und Anlegern, Vermögensverwaltern und Mietern mehr Klarheit darüber verschaffen, wie diese Ziele zu erreichen sind. Dazu zählen die Bedeutung einer raschen Dekarbonisierung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, kurzfristige Ziele und eine Klarstellung bezüglich der Rolle freiwilliger CO2-Ausgleiche.
Immobilienanleger müssen bei diesem Thema einiges berücksichtigen. Je klarer und standardisierter die Kennzahlen desto besser. Beispielsweise stellt sich die Frage, wie energieeffizient das Gebäude ist. Kommen fossile Brennstoffe zum Einsatz? Gibt es erneuerbare Energiequellen vor Ort? Welchen Tätigkeiten geht der Mieter nach und wie könnte sich dies auf die künftigen Emissionen auswirken? Und damit werden nur der Energie- und der CO2-Aspekt beleuchtet. Weitere wichtige Erwägungen sind Biodiversität, Gesundheit und Wohlergehen, eine Kreislaufwirtschaft, sozialer Wert und Verkehr.
Im Immobiliensektor bestehen derzeit zahlreiche spannende Gestaltungs- und Innovationskonzepte zum Thema Netto-Null-Emissionen. Wärmepumpen-, Energiespeicher- und Baustofftechnologien werden allesamt weiterentwickelt und verbessert, um die Energiewende zu fördern.
Damit dies im erforderlichen Umfang und der benötigten Geschwindigkeit erfolgt, sind Investitionen, Innovationen und politische Maßnahmen vonnöten, welche die Unternehmen in die richtige Richtung lenken. Derzeit bleiben die zur Dekarbonisierung des Sektors ergriffenen politischen Maßnahmen weit hinter dem zurück, was aus wissenschaftlicher Sicht erforderlich wäre. Nehmen wir zum Beispiel Energieausweise (Energy Performance Certificates, EPCs). Diese können nützliche Informationen über den Energieverbrauch eines Gebäudes bieten. Bei der Verwaltung globaler Immobilienportfolios sind sie jedoch weniger hilfreich. Wichtige EU-Vorschriften zu nachhaltiger Finanzierung, die Greenwashing beseitigen und die Transparenz verbessern sollen, legen einen starken Schwerpunkt auf Energieausweise und das damit verbundene Konzept des Nullenergiehauses. Das Problem hierbei ist, dass die unterschiedliche Umsetzung dieser Konzepte auf Ebene der Mitgliedstaaten einen länderübergreifenden Vergleich beinahe unmöglich macht. Gegenwärtig könnte dasselbe Gebäude je nach Land, in dem es sich befindet, als effizient oder ineffizient (gemäß der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor) oder als nachhaltig oder nicht nachhaltig (gemäß der Taxonomie der EU) eingestuft werden.
Es gibt ermutigende Anzeichen, dass der Politikansatz allmählich kohärenter wird und die wissenschaftlich fundierten Ergebnisse widerspiegelt. Beispielsweise existieren Aktualisierungsvorschläge zur Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD). Diese sollen ein klares Signal für die Einstellung des Einsatzes von fossilen Brennstoffen in Gebäuden, ein Emissionshandelssystem für die Nutzung von Brennstoffen in Gebäuden, Unterstützung für umfangreiche Nachrüstungen und vorgeschriebene CO2-Beurteilungen liefern. Die Vorschläge streben auch eine Vereinheitlichung der verschiedenen Methoden an, die für Energieausweise in sämtlichen Mitgliedsstaaten verwendet werden.
Die Kohlenstoffintensität von Gebäuden ist bereits heute von großer Bedeutung und wird in Zukunft noch wichtiger werden. In der Tat haben wir vor Kurzem aus diesen Gründen Anlagemöglichkeiten abgelehnt. Eine genaue Einschätzung der Kosten auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen bei Immobilien gestaltet sich jedoch schwierig, zumal die Routenoptionen unklar sind und jeder eine etwas andere Karte zu verwenden scheint. Die Basis für die Bewertung wird sehr viel klarer mit der Zusammenführung und der zunehmenden Verwendung von freiwilligen Standards, dem Schließen einer wissenschaftlichen/politischen Lücke und den jüngst aktualisierten Vorgaben zu ESG-Faktoren vom Royal Institute of Chartered Surveyors.
Wird 2022 also einen Wendepunkt darstellen? Es gibt ermutigende Anzeichen und die Zusammenführung der freiwilligen Standards sowie mehr Klarheit über die politische Richtung werden für gleiche Bedingungen sorgen und Anreize für ein rascheres Handeln schaffen. Wenn nur ein wenig der eingangs erwähnten radikalen Zusammenarbeit gelingt, kann 2022 vielleicht den dringend erforderlichen Wendepunkt für die Dekarbonisierung von Immobilien darstellen. Wir sind auf jeden Fall optimistisch gestimmt.
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