„Die Bioenergiebranche hat kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung die Umsetzung der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) zweieinhalb Jahre hinauszögert und dann aus Zeitdruck den Bioenergieunternehmen eine Umsetzungsfrist von anderthalb Monaten vorgibt. Die von der Bundesregierung verschuldete Verschleppung der Nachhaltigkeitsverordnung erfordert eine realistisch umsetzbare Frist bis 1. Januar 2023. Nicht nur die Bioenergieanlagen benötigen für Biomasse aus alter Ernte deutlich längere Übergangsfristen oder die Anerkennung als nachhaltige Ware, sondern auch die Umsetzungsbehörde, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), braucht deutlich mehr Zeit als bis Ende Dezember, um die Systeme auf die Erfordernisse der neuen Verordnung anzupassen und zum Laufen zu bringen. Obwohl fast alle EU-Staaten Verzögerungen bei der Umsetzung haben, ist uns kein anderes Land bekannt, das solch einen Druck auf die Branche aufbaut. Die Bioenergiebranche kann jetzt nicht die Versäumnisse des Bundesumweltministeriums ausbaden.“
Zur Lage der betroffenen Biogas- und Holzenergieanlagen, die zukünftig neu in den Geltungsbereich der Nachhaltigkeitsverordnung fallen werden, erläutert Sandra Rostek: „Allein im Biogasbereich werden mehr als 2.000 Anlagen neu von der Verordnung betroffen sein. Die Nachhaltigkeitszertifizierung stellt ein Alleinstellungsmerkmal der Bioenergie unter den erneuerbaren Energien dar, aber es gibt bei Weitem zu wenig Auditoren, um so viele Anlagen in derart kurzer Zeit zu zertifizieren. Zudem wird im November die diesjährige Ernte bereits gelaufen sein, so dass nicht nur für vorjährige Ernten, sondern für alle Biomasselagerbestände umfangreiche Übergangsregelungen nötig sind.“ Die Bioenergiebranche habe die Bundesregierung wiederholt aufgefordert, die Nachhaltigkeitsverordnungen endlich vorzulegen und für Klarheit zu sorgen, auch bereits als noch Zeit für eine fristgerechte Umsetzung der RED II in nationales Recht bis 1.7.2021 war, so Rostek weiter. Zuletzt hatten sich vor knapp zwei Wochen 13 Verbände der Bioenergiebranche mit einem Brandbrief an Umweltministerin Schulze gewandt und die Vorlage der Verordnungen sowie ausreichende Übergangsfristen eingefordert.
Die Bioenergiebranche hat das Zertifizierungssystem SURE auf den Weg gebracht, mit dem die Einhaltung der Nachhaltigkeitsanforderungen für feste und gasförmige Biomasse nachgewiesen werden kann. Biogas- und Holzenergieanlagenbetreibern, die neu in den Geltungsbereich der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung fallen und zukünftig einen Nachweis über die Nachhaltigkeit als Fördergrundlage benötigen, sollten sich rechtzeitig informieren und alle notwendigen Schritte für eine Zertifizierung vorbereiten.
Die RED II, die die Einführung der neuen Nachhaltigkeitsanforderungen vorgibt, wurde im Dezember 2018 beschlossen. Der Bundesregierung wurde damit von der EU vorgeschrieben, die Anforderungen bis 1.7. dieses Jahres in deutsches Recht umzusetzen. Nach Veröffentlichung der ersten Entwürfe für die Nachhaltigkeitsverordnungen im vergangenen April sich die Bundesregierung Anfang August auf eine abgestimmte Fassung geeinigt und zur Notifizierung bei der EU-Kommission eingereicht. Im Entwurf der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung ist vorgesehen, dass nur bis 31. Dezember 2021 eine Übergangsfrist für Biomasse und daraus erzeugten Strom gelten soll. Mit Blick auf die Notifizierungsfrist bis 12. November 2021, innerhalb derer die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten den Entwurf prüfen können, und die im Anschluss daran noch nötige Verabschiedung der Verordnung durch die Bundesregierung ergäbe sich daraus eine Frist von maximal etwas über einem Monat für die Umsetzung bis Jahresende.
Der Bundesverband BioEnergie e.V. (BBE) ist der Dachverband des bundesdeutschen Bioenergiemarktes. Er wurde 1998 gegründet, um der Vielfalt des Bioenergiemarktes mit all seinen Erscheinungsformen und Technologielinien im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor gerecht zu werden. Im BBE sind die Marktakteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette des biogenen Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarktes organisiert: vom Biomasseanbau und ihrer Bereitstellung über den Maschinen- und Anlagenbau bis hin zu der Planung und dem Betrieb von Bioenergieanlagen in den unterschiedlichen Sektoren. Forschungseinrichtungen und Universitäten ergänzen das Kompetenzfeld des Netzwerkes und tragen zu einem kontinuierlichen Know-how Transfer bei.
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