Ende letzten Jahres waren 2049 jungen Frauen in einer handwerklichen Berufsausbildung, der Frauenanteil liegt damit bei den Ausbildungsverträgen im Handwerk in der Region Stuttgart bei fast einem Fünftel. „Der Rückgang im Pandemiejahr betrug aber über 6 Prozent“, bestätigt Hoefling die Entwicklung. Vor allem seien die Frauen in den gewerblich-technischen Berufen vielfach unterrepräsentiert. In den sogenannten MINT-Berufen dürfte laut Kammerchef Hoefling die Frauenquote gerne höher sein. Weit oben auf der Beliebtheitsskala rangieren die Berufe Maßschneiderin, Goldschmiedin, Konditorin oder Augenoptikerin. Aber auch einzelne technische Berufe, etwa Zahntechnikerinnen oder Orthopädieschuhmacherin, sind bei Frauen durchaus beliebt. Unangefochten auf Platz Eins der Top-Berufe für Frauen steht die Friseurin.
Um ein Umdenken in Gang zu bringen, fordert das Handwerk seit langem eine geschlechtergerechte Berufs- und Studienorientierung ein. Hoefling: „Noch viel zu häufig werden in der Berufsorientierung und -beratung nicht vordergründig die Fähigkeiten der Jugendlichen in den Blick genommen und daraus attraktive Berufswege für sie aufgezeigt, sondern – teils unbewusst – geschlechterangepasste Berufswege vorgeschlagen. Es müssen Klischees aufgeweicht werden, sowohl bei den Jugendlichen selbst, deren Eltern, aber auch bei den Lehrenden – egal ob in der Kita oder in der Berufsschule. Nur so kann es gelingen, alle Potentiale besser auszuschöpfen und gleichzeitig die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.“
„Deshalb haben wir die Initiative „Frauen im Handwerk“ gestartet, um ein Umdenken zu erreichen. Bei Eltern, Lehrern und in der Gesellschaft insgesamt“, erklärt Hauptgeschäftsführer Thomas Hoefling. „Mit dem digitalen Wandel werden die körperlichen Belastungen handwerklicher Berufe geringer, zugleich wächst der Bedarf an kreativem, kommunikativem und gestaltendem Potential. In den Führungsetagen des Handwerks von morgen rücken Themen wie Arbeitsklima, Führungskultur, Kommunikation, Gestaltung von Arbeitsorganisation und Arbeitszeit, Work-Life-Balance sowie Personalentwicklung in den Mittelpunkt.“ Hier seien in Zeiten des Fachkräftemangels gute Möglichkeiten zur Entwicklung der eigenen Karriere mit besten Berufsaussichten vorhanden. Auch Studienaussteigerinnen, Quereinsteigerinnen und Akademikerinnen seien willkommen. Für die Entwicklung künftiger Führungskräfte würden neben der Fortbildung zur Meisterin oder zur Betriebswirtin im Handwerk regional in vielen Berufen auch duale Studiengänge angeboten.
Mit authentischen Videos, Außenplakate sowie Aktivitäten in den sozialen Medien sollen Schülerinnen und junge Frauen auf das neue Projekt aufmerksam gemacht werden. So auch auf das Video mit Janina Pulvermüller aus Geislingen/Steige. Sie ist leidenschaftliche Fotografin und erfolgreiche Unternehmerin. Vor knapp fünf Jahren hat sie sich mit ihrem Fotostudio Herzblutfotografie selbstständig gemacht.
Auch die Schwestern Franziska und Elena Dangel, die beide im elterlichen Klempnerbetrieb in Lenningen beschäftigt sind, haben schon so manchen irritierten Blick auf Baustellen geerntet. Während Franziska zunächst ein Studium der Immobilienwirtschaft absolviert hat bevor sie ihre Klempnerlehre startete, begann ihre jüngere Schwester Elena direkt nach dem Abitur das duale Studium im Bereich BLW – Handwerk.
Über einige Umwege hat Schreinerin Sabrina Siwy ins Handwerk gefunden. Nach ihrem Abitur hat die heute 28-Jährige aus Schönaich zunächst einige Jahre gearbeitet, bevor sie dann ein Studium anfing. „Nachdem ich gemerkt habe, dass das nichts für mich ist, habe ich eine Ausbildung als Schreinerin absolviert“, erzählt sie. „Ich kann kreativ sein, sitze nicht jeden Tag im Büro und sehe am Ende des Tages, was ich geschafft habe. Das ist einfach ein schönes Gefühl.“
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