Der ifo-Bildungsforscher Ludger Wößmann hat sich für einen Vorrang des Schulunterrichts und für andere Schwerpunkte in der Corona-Bekämpfung ausgesprochen. „Es gibt keinen effektiven Schutz in Alten- und Pflegeheimen, keine entschiedenen Regeln für Großraumbüros und für andere Arbeitsplätze sowie für Reisen. Außerdem werden die geltenden Kontaktregeln vielerorts nur halbherzig durchgesetzt“, kritisiert er in einem Beitrag für die Wirtschaftswoche. „Andere europäische Länder haben die Schwerpunkte andersherum gesetzt: Schulen auf, dafür weit stärkere Einschränkungen des öffentlichen Lebens außerhalb der Schulen.“ Durch eine konsequentere Beschränkung der Kontakte in der erwachsenen Bevölkerung könne die junge Generation weniger stark belastet werden.

Wößmann zufolge sind die Schäden durch die Schulschließungen enorm. Für den einzelnen Schüler müsse über das gesamte Berufsleben gerechnet im Durchschnitt mit einem rund drei Prozent geringerem Erwerbseinkommen gerechnet werden, wenn ein Drittel eines Schuljahres verloren gehe. Auch für die Volkswirtschaft insgesamt müsse Deutschland mit langfristigen Wachstumsverlusten rechnen, mit einer durchschnittlich 1,5 Prozent niedrigeren Wirtschaftskraft bis zum Ende des Jahrhunderts. Das entspräche etwa 2,5 Billionen Euro.

Schulöffnungen könnten nach dem Alter gestaffelt werden, schreibt Wößmann weiter. Für die Klassen 1 bis 6 sollte Präsenzunterricht so schnell wie möglich stattfinden, unter Berücksichtigung aller bekannten Schutzmaßnahmen, mit der Staffelung von Unterrichtsbeginn und Pausen. Außerdem sei in vielen Schulen bereits erfolgreich ein täglicher Wechselunterricht erprobt worden, bei dem die Hälfte der Jugendlichen zu Hause online per Video am Unterricht teilnimmt. Drittens könnten Lehrkräfte den Stoff auch bei geschlossenen Schulen im Online-Video-Unterricht vermitteln. Viele Schulen seien mittlerweile auf digitalen Distanzunterricht vorbereitet, die anderen müssten jetzt folgen. Dazu bedürfe es umgehend klarer Vorgaben der Politik, dass an allen Schulen für alle Schüler täglich in allen Fächern Unterricht per Video stattfinden muss. „Wenn wir nur eine Lehre aus dem Frühjahr ziehen sollten, dann die: Das Bereitstellen von Arbeitsblättern ist kein Unterricht“, schreibt Wößmann.

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