„Die Coronavirus-Pandemie hat das Potenzial, viele, wenn nicht sogar alle Faktoren umzukehren, die in den letzten 40 Jahren zu einem Rückgang der Inflation geführt haben. Kurzfristig werden wohl Öl und andere branchenbezogene Disruptionen zu einer stark volatilen Gesamtinflation führen, während zyklischere Faktoren die Kerninflation belasten werden. Wir gehen davon aus, dass die Gesamtteuerungsrate für die USA und den Euroraum 2020 auf 1% bzw. 0,6% sinken wird, bevor sie 2021 wieder steigt.

Langfristig sind gegensätzliche Kräfte im Spiel. Auf der einen Seite könnte sich der lang anhaltende wirtschaftliche Schaden einiger disinflationärer Faktoren verstärken, wie die Erhöhung der Sparquote, der Einsatz von Fremdkapital oder die Fiskalpolitik. Aber die Krise könnte auch neue politische und soziale Gleichgewichte sowie Veränderungen in globalen Wertschöpfungsketten, die inflationär wirken, hervorbringen. Die Saat für höhere Inflationsraten ist in einer längeren Phase kombinierter fiskalischer und monetärer Stimulierungsmaßnahmen, in politischen Entscheidungen, die stark auf die Stützung der Haushaltseinkommen ausgerichtet sind, und in der Umschichtung von Produktionsaktivitäten in den Industriestaaten zu finden.

Es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Veränderungen massiv genug sein werden, um 40 Jahre mit niedriger Inflation zu beenden. Es erscheint plausibel, dass eine Krise solchen Ausmaßes strukturelle wirtschaftliche Veränderungen mit sich bringen könnte. Alles in allem dürfte die Inflation in diesem Jahrzehnt etwas höher sein als in den 2010er Jahren.

Anlegen in einer Welt niedrigerer Renditen

Für Investoren ist die Beurteilung der kurz- und langfristigen Inflationserwartungen entscheidend, um angesichts wohl niedrigerer Renditen als bisher eine stabile Vermögensallokation aufzubauen. Kurzfristig wird das Inflationsniveau eher gedämpft bleiben. Einige Anlageklassen werden weiterhin durch geldpolitische Maßnahmen gestützt werden, wie Investment-Grade-Unternehmensanleihen und Anleihen der Peripherieländer, die von dem QE-Programm profitieren. Auch bleibt die traditionelle Korrelation zwischen Aktien und Anleihen wahrscheinlich weiter bestehen. Daher sollten Anleger sichere Staatsanleihen als Quelle für liquide Mittel betrachten, die die Risiko-Asset-Allokation ausgleichen können. Längerfristig neigt sich jedoch die Ära der durch den monetären Faktor getriebenen Anlagerenditen dem Ende zu. Das Inflationsrisiko wird wahrscheinlich wieder steigen und die Renditen und damit auch die Asset Allokation generell in Frage stellen.

Sechs Folgen für Investmententscheidungen

1. Steigende Verschuldung auf breiter Front
Anleger sollten ausfallgefährdete Unternehmen, Sektoren, Länder meiden. Liquiditätsmanagement ist entscheidend, da es zu einem gewissen Liquiditätsstress auf dem Markt kommen könnte.

2. Monetisierung von Schulden
Bei hoher Verschuldung müssen die Zentralbanken handeln, um die Haushaltsdefizite direkt zu monetarisieren, um also die Zinssätze und damit die Kosten des Schuldendienstes niedrig zu halten. Mögliche Folge: eine höhere Inflation. Staatsanleihen könnten so kritischer betrachtet werden.

3. Wachstumstitel nach der Krise im Fokus
Nach der Krise wird Wachstum die wichtigste Triebkraft. Auf der Suche nach Bereichen mit höherem Wachstumspotenzial sollten Investoren eine substanzielle Allokation in Schwellenländer in Betracht ziehen, die das Renditepotenzial der Portfolios erhöhen könnten.

4. De-Globalisierung
Wichtiger wird die geographische Diversifizierung, da viele Länder einige strategische Geschäftsfelder wieder ins Heimatland zurückholen werden; das Ende der auf dem Globalisierungstrend aufbauenden Anlagestrategien.

5. Stärkerer Fokus auf sozialen Aspekten und ESG generell
In einer Ära ohnehin schon großer Ungleichheiten müssen die extremen Maßnahmen zur Krisenbekämpfung auf Bereiche umgelenkt werden, die der gesamten Gesellschaft zugutekommen. So werden ökologische und soziale Themen wohl noch stärker in den Fokus rücken.

6. Inflation fördert Sachwerte
Investoren sollten Anlagewerte in ihr Portfolio aufnehmen, die das Inflationsrisiko mindern helfen. Zudem haben Sachwerte Potenzial für eine Outperformance.

Besonders an langfristigen Erträgen orientierte Investoren wie Pensionsfonds könnten einen Teil des Volumens in Anlagen investieren, die das Risiko von Inflationseinflüssen mindern. Selbst in Zeiten, in denen kein hyperinflationäres Umfeld herrschte, wie in den 1970er Jahren, hatten überraschende Inflationsschübe erhebliche Auswirkungen auf die Performance der verschiedenen Anlageklassen. So werden wohl Anlagen, die an die Dynamik realer – liquider und illiquider – Vermögenswerte gebunden sind, das Potenzial haben, eine Outperformance zu erzielen; Anleihen und Aktien insgesamt werden wahrscheinlich leiden.

Deshalb sollten langfristig planende Anleger, die mit unterschiedlichen Inflationszyklen konfrontiert werden könnten, das Risiko von Inflationsüberraschungen durch Anlagen, die durch reale Vermögenswerte unterlegt sind, absichern. Da die Zinssätze niedrig gehalten werden, könnte die Fähigkeit von Staatsanleihen, im Falle eines Wiederauflebens der Inflation positive Renditen zu erzielen, eher gering sein.“

Quelleninformationen und weitere Informationen finden Sie in den aktuellen Amundi Expert Talk #6 und im Amundi Research Center.

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