Eine Steuer ausschließlich auf den Kauf von Aktien von Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 1 Mrd. Euro würde unmittelbar in den Wettbewerb um Kapital und von Wertpapiermärkten eingreifen. Negative Folgen sind absehbar:
- Die Aktiensteuer trifft rund zehn Millionen Anleger, die im Niedrigzinsumfeld nachhaltig vorsorgen wollen. Sie hält außerdem Bürger, denen in der derzeitigen Zinssituation ihr Erspartes durch die Inflation sukzessive geschmälert wird, von der Aktienanlage fern. Sie treibt damit die Schere zwischen reich und arm weiter auseinander, statt sie zu bekämpfen.
- Die Aktiensteuer verschlechtert die Finanzierungssituation für 28 bayerische DAX-, MDax- und SDax-Unternehmen und schadet damit dem Standort Bayern. Insgesamt trifft diese Steuer mehr als 140 deutsche börsennotierte Unternehmen, die jeweils eine Marktkapitalisierung über 1 Milliarde Euro aufweisen.
- Die Aktiensteuer schadet der Aktienkultur, weil Liquidität in andere Produkte und wenig regulierte Märkte verlagert wird. Sie fördert damit eine Fehlallokation von Kapital, statt es in Unternehmen zu Investitionszwecken zu lenken.
- Die Aktiensteuer verfehlt die ursprünglich geplanten fiskalischen Wirkungen und Einnahmen deutlich und führt zu einer neuen Steuerumverteilung innerhalb So fließen Steuermittel sogar an Staaten, die aus der Aktiensteuer keine eigenen Einnahmen erzielen werden (Slowakei, Slowenien).
Schmidt sieht darin einen weiteren Beleg dafür, dass viele Politiker kein Verständnis für Kapitalmärkte und ihre globalen Verflechtungen haben. Denn im Wettbewerb um Kapital wird die Aktienanlage benachteiligt zugunsten von Staatspapieren oder Hochrisikopapieren im Graumarkt. „Das zeitgleiche Lamentieren über fehlende Börsengänge, fehlendes Risikokapital und das parallele Beklatschen der IPO-Erfolge in USA, China und Singapur belegt, dass Finanzmarktförderung nur ein Lippenbekenntnis ist“, so Schmidt wörtlich.
Hierbei geht es nicht, wie von Minister Scholz in seiner Rede zum Haushalt behauptet, um die Interessen von Lobbyisten, sondern gerade um die von ihm angesprochenen „Interessen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes“. Deshalb fordert die Börse München, auf die angekündigte Aktiensteuer ersatzlos zu verzichten. Dies wäre ein erstes wichtiges Signal für eine Trendumkehr. Emittenten, Investoren, Anleger, Marktteilnehmer und Börsen halten diese Trendwende für dringend notwendig.
„Die Zeit ist reif, die richtigen Konsequenzen aus den Negativzinsen der Europäischen Zentralbank zu ziehen. Die Einführung einer Aktiensteuer ist kontraproduktiv“, so Schmidt abschließend.
Hintergrund:
Ursprünglich geplant war eine europaweite Besteuerung sämtlicher börslicher und außerbörslicher Wertpapiertransaktionen, um die Finanzbranche an den Kosten der Finanzkrise von 2007 zu beteiligen und deren Wiederholung zu verhindern. Heute sind lediglich zehn Mitgliedsstaaten für eine Transaktionssteuer. Aktuell ist geplant, ausschließlich Transaktionen in Aktien zu besteuern. Aber: Aktien waren weder der Auslöser der Finanzkrise (sondern strukturierte Produkte für Immobilienkredite) noch haben sie die Krise verstärkt! Börsen und der Aktienmarkt haben stattdessen damals die Lage stabilisiert und auch in der Krise funktioniert. Dies jetzt nach 12 Jahren zu bestrafen, ist nicht verständlich.
Die Aktiensteuer verschlechtert die Bedingungen für die börsliche Eigenkapitalfinanzierung deutscher Unternehmen auch unter normalen Marktbedingungen. Der Handel von allen weiteren Wertpapieren auch auf außerbörslichen Handelsplätzen bleibt von dieser Steuer unberührt. Die Abwanderung von Privatanlegern auf diese Märkte würde die hohen Verbraucherschutzvorschriften börslicher Handelsplätze aushebeln. Diese Entwicklungen sind aus Sicht der Börse München äußerst problematisch und verschieben das Level Playing Field in außerbörsliche Märkte – wie es im Übrigen MiFID II ohnehin schon tut.
Die Einnahmeprognose in Höhe von inzwischen jährlich rund 3,5 Mrd. Euro ist auf ein Zehntel der ursprünglichen Prognose gesunken und rechtfertigt diese Marktverwerfungen nicht. Die Erlöse wären im Wesentlichen auf Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien verteilt. In vielen Ländern decken die Einnahmen gerade die administrativen Kosten, wenn überhaupt. Die deshalb vorgesehenen Transferzahlungen zu Gunsten von Ländern mit geringeren bzw. keinerlei Steuereinnahmen, wie Griechenland, Slowenien und die Slowakei, sind allenfalls ein weiterer Beleg für schlechte „Deals“ in Europa. Sie bedeuten eine erstmalige direkte Umverteilung von Mitteln aus dem deutschen Steuerhaushalt in diese Staaten. Dies ist problematisch, einmal von den Problemen für eine Steuererhebung in Drittstaaten oder den Zweifeln an der Vereinbarkeit dieser Aktiensteuer mit der EU-Kapitalverkehrsfreiheit abgesehen.
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