Er ist ein Mann der ersten Stunde: Seit zehn Jahren unterrichtet Torsten Kiehn die angehenden Personaldienstleistungskaufleute (PDK) an der berufsbildenden Schule in Neustadt am Rübenberge. Als Fachkonferenzleiter und Fachlehrer für den Beruf „Personaldienstleistungskaufmann/-kauffrau“ und fachlicher Lektor für den Abschluss an den Industrie- und Handelskammern (IHK) bundesweit engagiert sich der 55-Jährige seit Bestehen des Angebots intensiv für diesen Ausbildungsweg. Zum zehnjährigen PDK-Bestehen sprachen die Arbeitgeberverbände BAP (Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister) und iGZ (Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen) mit Torsten Kiehn über bislang Erreichtes und Wünschenswertes für die Zukunft der PDK-Ausbildung.

Als Fachkonferenzleiter PDK an der Berufsschule in Neustadt am Rübenberge blicken Sie auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz – gab´s denn auch Probleme mit der Einführung der PDK-Ausbildung?

Kiehn: Von Anfang an hat mir persönlich die Aufgabe, diesen Beruf an der BBS Neustadt einzuführen, großen Spaß gemacht – Probleme im engeren Sinne habe ich nicht gesehen. Herausforderungen gab es zunächst im Zusammenhang mit Vorurteilen außerhalb der Schule gegenüber dem Beruf der „Leiharbeit“. Hier galt es auch, mit vielen kleinen Maßnahmen bei potenziellen Bewerbern und Betrieben außerhalb der Zeitarbeitsbranche Überzeugungsarbeit zu leisten. Eine weitere Aufgabe bestand darin, einigen Ausbildungsbetrieben zu vermitteln, dass es nicht um die Ausbildung von Personaldisponenten geht, sondern dass der PDK ein fachlich besonders anspruchsvoller Ausbildungsberuf ist, der inhaltlich nicht nur alle Personaldienstleistungen umfasst, sondern zum Beispiel auch die Themen Projektmanagement, kaufmännische Informations- und Steuerungsinstrumente und grundsätzliche rechtliche Rahmenbedingungen. Auch allgemeine Unterrichtsfächer gehören zum Schulstoff. Bei der Kritik einzelner Ausbilder im Sinne von „Unsere Azubis brauchen die Fächer Englisch oder Deutsch/Kommunikation als Disponenten nicht“ konnte ich mich auf die argumentative Unterstützung unserer Schulleitung und anderer Ausbilder immer verlassen. Abgesehen davon gibt es konkrete Richtlinien, in denen verbindlich festgelegt worden ist, welche Fächer und welche Lernfelder in welchem Umfang zu unterrichten sind. Um einen einheitlichen Qualitätsstandard zu sichern, ist diese Reglementierung auch sinnvoll.

Das schulische Angebot weist auf der Deutschlandkarte ja noch einige Lücken für PDK-Azubis auf. Mancherorts müssen weite Anfahrtswege in Kauf genommen werden. Bleibt das ein dauerhafter Zustand, Stichwort Angebot und Nachfrage?

Kiehn: Nach jahrelangem Unterricht unter anderem in Klassen für angehende Bankkaufleute, möchte ich behaupten, der PDK ist mit der speziellste und anspruchsvollste kaufmännische Ausbildungsberuf. Um das hohe Qualitätsniveau zu halten, muss die eingesetzte Lehrkraft viel Energie in die Umsetzung stecken. Wenn an einem Berufsschulstandort nur eine kleine Klasse pro Jahrgang beschult wird und die Lehrkräfte zusätzlich in anderen Wirtschaftsklassen unterrichten, können die Anforderungen unter Berücksichtigung der vielen, auch rechtlichen Veränderungen in der Branche von Lehrkräften zeitlich kaum geleistet werden. Deshalb glaube ich nicht, dass es sinnvoll ist, den Beruf an zusätzlichen Standorten anzubieten, sondern ihn in den vorhandenen Kompetenzzentren zu belassen. In der BBS Neustadt hätten wir jedoch noch Kapazitäten frei, um zum Beispiel Blockunterricht für Auszubildende anzubieten, die keine Berufsschule in geografischer Nähe haben – eine Idee, über dessen Umsetzung nicht in unserer Schule zu entscheiden ist.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des PDK-Berufs ein?

Kiehn: Die weitere Entwicklung des Berufs hängt natürlich auch von der schwer einschätzbaren allgemeinen Entwicklung der Personaldienstleistungsbranche ab. Persönlich bin ich sehr zuversichtlich, denn der Strukturwandel in der Wirtschaft erfordert immer mehr qualifizierte Personaler, die auch durch die Digitalisierung nicht wegrationalisiert werden. Aus Gesprächen mit Ausbildern weiß ich, dass es immer schwieriger wird, qualifizierte Bewerber für den Beruf zu finden. Die Anstrengungen, Kandidaten für die Ausbildung zu finden, sind wohl zu erhöhen. Gern können wir auch mal wieder gemeinsam mit den Zeitarbeitsverbänden eine Aktion in den sozialen Medien über einen Azubi-Wettbewerb starten.

Lässt sich auf dieser Basis erwarten, dass die Zeitarbeit sich von einer Branche der Seiteneinsteiger zu einem Wirtschaftszweig der Spezialisten entwickelt?

Kiehn: Wegen der zunehmenden Anforderungen in der Banche wird ein Seiteneinsteiger in Zukunft noch mehr Schwierigkeiten haben, die in einer dualen Ausbildung erworbenen Basisqualifikationen berufsbegleitend zu erlangen. Innerhalb der Personaldienstleistungsbranche kann ich mir vorstellen, dass es in Zukunft immer schwieriger wird, als Einzelperson über die Branchenfachkompetenz zu verfügen. Wie in anderen Branchen wird es auch hier bald mehr Spezialisten geben, die nur einen Bereich der Branche inhaltlich abdecken, aber eine fundierte Grundausbildung als PDK haben und gelernt haben, sich flexibel auf neue Gegebenheiten einzustellen.

Ihr Fazit zur Entwicklung der PDK-Ausbildung seit dem Start im Jahr 2008?

Kiehn: Das „Baby PDK“ ist inzwischen erwachsen geworden. Der PDK ist ein anerkannter Beruf mit zumindest an unserer Schule stabilen Ausbildungszahlen, bei dem die Absolventen auf dem Arbeitsmarkt wesentlich besser als in anderen kaufmännischen Berufen eine Beschäftigung finden. Vorbehalte gegenüber der Zeitarbeitsbranche haben abgenommen. Als Bildungsgangsgruppenleiter für die Ausbildung in der BBS Neustadt am Rübenberge werde ich zunehmend von Personalern aus Dienstleistungs- oder auch Produktionsunternehmen gefragt, ob wir Auszubildende im letzten Ausbildungsjahr haben, die Interesse hätten, als Personalreferentin/-referent zu arbeiten. Schon allein darin zeigt sich der Erfolg des Berufes. Als Fachlehrer freue ich mich, motivierte Schülerinnen und Schüler unterrichten zu dürfen, die mit Zuversicht in den Beruf starten.

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