Virtuelle Welten, 3D-Brillen und weitere digitale Techniken werden in den kommenden Jahren auch das Bauingenieurwesen verändern. „Diesen Wandel müssen wir auch in unserer Forschung berücksichtigen und an neuen Techniken arbeiten“, sagt Professor Christian Glock. „Wir können digitale Technologien unter anderem nutzen, um Projektbeteiligte besser zu vernetzen. Hier gibt es immer noch Nachholbedarf, da Ingenieure in ihren Bereichen meist exzellent arbeiten, aber bei vielen Großprojekten fehlt oft der Blick zum großen Ganzen.“
Glock weiß, wovon er spricht. Vor seiner Professur war er in verschiedenen Führungspositionen beim Hochbauspezialisten Bilfinger tätig und hat viele Großprojekte geleitet. Besonders geprägt haben ihn hier sogenannte Lebenszyklusprojekte. „Dabei geht es darum, ein Gebäude von der Planung über den Bau bis zum laufenden Betrieb zu begleiten. Das können etwa Bürogebäude oder Schulen sein, aber auch Gerichte oder Gefängnisse“, sagt der Bauingenieur, der schon im Studium und seiner Promotion an der Technischen Universität Darmstadt zu Massivbau geforscht hat. „Dieser ganzheitliche Ansatz beschäftigt mich bis heute.“ Im Idealfall ist bei einem solchen Vorhaben jeder Beteiligte vom Architekten über den Bauingenieur und den Vorarbeiter bis zum künftigen Hausmeister von Anfang an in die Arbeiten involviert. „Heutzutage ist es bei vielen Großprojekten allerdings so, dass die Abstimmung unter Projektbeteiligten nicht immer stimmt, Probleme zu spät erkannt werden und es zu Verzögerungen kommt“, so der Professor.
Glocks Forschungsschwerpunkt liegt beim Massivbau. „Er zählt im Bauingenieurwesen zu einer wichtigen Kerndisziplin“, erklärt er. „Massive Baustoffe kommen in vielen Bereichen zum Einsatz, sie prägen etwa das Bild unserer Städte, aber auch die menschliche Kultur seit Jahrtausenden, wenn man etwa an Tempelanlagen und Pyramiden denkt.“ Im Fachgebiet an der TUK wird schon lange zum Massivbau geforscht. „Hier kann ich auf das sehr gute Fundament meiner Vorgänger aufbauen“, sagt der Professor. Dabei geht es insbesondere um Stahl- und Spannbetonbau oder dem Bauen im Bestand, bei dem die Ingenieure neue Baumaßnahmen für bestehende Gebäude entwickeln. Die Forscher arbeiten zudem an neuen Betonarten wie dem Hochleistungs- und Recyclingbeton sowie an neuartigen Verbindungsmitteln, etwa Dübel aller Art, um beispielsweise Bauteile miteinander zu verbinden.
Um den Fortschritt im Bauwesen zu beschleunigen, möchte Professor Glock den Spagat vom klassischen Massivbau auch hin zum digitalen Wandel meistern. „Mein Ziel ist es, bei der Weiterentwicklung unserer Themen stets das gesamte Bauwerk im Blick zu haben und digitale Methoden einzubinden“, sagt er. So soll die Digitalisierung bei der Forschung künftig eine stärkere Rolle spielen. „Mit Simulationsprogrammen lässt sich zum Beispiel ein virtueller 3D-Zwilling eines Gebäudes erstellen“, fährt der Professor fort. Eine solche Technik hilft, sämtliche Daten zu Planung und Bau, aber auch schon für den laufenden Betrieb zu erfassen, zu kombinieren und zu vernetzen. Alle an einem Projekt Beteiligten können etwa mithilfe von Datenbrillen vorab ein geplantes Gebäude genauer unter die Lupe nehmen. So erkennen sie Probleme, die etwa erst im Bauverlauf sichtbar werden, bereits im Modell und können sie beheben.
Aber auch andere Techniken sind für das Bauwesen interessant, etwa 3D-Druck-Verfahren, die bei der Produktion des Baumaterials zum Einsatz kommen könnten, oder Roboter, die beim Bau helfen. Insgesamt wird das Bauen in Zukunft industrieller und vernetzter werden. „Hierbei wird die Langlebigkeit der massiven Bauten gemeinsam mit den digitalen Techniken zu wesentlichen Fortschritten führen“, da ist sich Glock sicher.
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