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Warum spielt das Controlling in Vertriebsprozessen eine so wichtige Rolle?

Um diese Frage zu beantworten bedarf es zunächst einer Definition des Begriffs Controlling, da dieser oft falsch verstanden wird. Im Allgemeinen denken die meisten bei dem Wort „Controlling“ fälschlicherweise an Kontrolle. Doch Kontrolle prüft erst im Nachhinein, ob ich mein Ziel erreicht habe. Ist dies nicht der Fall, habe ich keine Einflussmöglichkeiten mehr, da der Prozess bereits abgeschlossen ist. Aus dem amerikanischen kann man das Wort „Controlling“ als Steuerung übersetzen. Das ist auch der eigentliche Sinn, denn steuern ist nach vorne gerichtet. Somit ermöglicht Controlling die rechtzeitige Einflussnahme auf den Vertriebsprozess, um dann die geplanten Ziele zu erreichen.

Allerdings verwende ich persönlich den Begriff „Monitoring“ lieber. Monitoring beschäftigt sich mit der Erfassung und Analyse von Prozessen und ist somit ständig in Bewegung. Es erlaubt mir, die Vertriebsergebnisse von Umsatz und Auftragseingang bis hin zur Neukundenrate im Auge zu behalten. Das gilt für alle Prozesskennziffern, welche die Qualität meines Vertriebsprozesses wiederspiegeln. Das Controlling funktioniert in diesem Kontext wie ein „Frühwarnsystem“.

Im schlimmsten Fall kann sich das Controlling auch zu einem Bestrafungssystem entwickeln. Wenn die Mitarbeiter nicht das erreicht haben was vorgesehen war, wird nach dem „Warum“ gefragt, was jedoch der falsche Ansatz ist. Denn ich zwinge so meine Mitarbeiter zur Rechtfertigung. Eigentlich muss nach einem Plan gefragt werden, um die Probleme zu beheben. Ein effektives Controlling ist eben auch eine Frage der Denkhaltung des Anwenders.

Was steckt hinter „prospektivem“ Controlling?

Hinter „prospektivem“ Controlling steckt schlussendlich, dass man frühzeitig auf die Prozesse Einfluss nimmt. Das „prospektive“ Controlling schafft auch automatisch eine Grundlage für die nächste Planung, basierend auf den ermittelten Prozesskennziffern. Für mich als Vertriebsmanager bedeutet dies, dass ich schon während der Formulierung der Ergebnisziele abwäge, welche Herausforderungen auf meine Abteilung zukommen und wie diese zu bewältigen sind.

Welche typischen Fehler und Missstände erleben Sie regelmäßig im B2B-Vertrieb?

Oft kommt es vor, dass die Zieldefinition nicht potenzialorientiert ist. Das ist einfach zu erklären an einem praktischen Beispiel: Wir haben letztes Jahr 100 Einheiten verkauft und der Vorstand gibt vor, dass wir dieses Jahr 110 Einheiten schaffen. Der Markt gibt aber sogar 120 her, was bedeutet, dass dieses Unternehmen Marktanteile verlieren wird. Es ist also wichtig, dass Potenzial am Markt zu betrachten und im nächsten Schritt zu überlegen, wie dieses gehoben werden kann.

Hinzu kommt, dass es nicht selten an einer konkreten Maßnahmenplanung mangelt, um die Potenziale zu nutzen. Es heißt dann: „Vertrieb, nächstes Jahr 10 Prozent mehr“. Wie das geschehen soll, bleibt allerdings offen. Das ist mit Fußball vergleichbar. Kein Trainer steht an der Seitenlinie und ruft „Schießt mehr Tore“. Denn damit kann seine Mannschaft nichts anfangen, sie brauchen konkrete Maßnahmen und Taktik-Vorgaben. Mit der Vertriebsmannschaft verhält es sich ähnlich. Auch diese benötigt einen Maßnahmenkatalog, um die Potenziale angehen zu können. An dieser Stelle trifft folgendes Wortspiel zu: Die meisten Unternehmen haben einen Umsatzplan, die wenigsten aber haben eine Umsetzungsplanung.

Mit welchen konkreten Maßnahmen können Unternehmen hier ansetzen?

Schon schulbuchmäßig beginnt der Prozess mit einer Analyse. Diese Analyse ist das Fundament für eine erfolgreiche Planung und Zielsetzung. Das Augenmerk sollte bei dieser Analyse auf den Umsatz-Potenzialen und Auftrags-Chancen im Markt liegen. Im Zuge dessen ist es wichtig, eine entsprechende Methodenkompetenz für diese Analyse aufzubauen.

Neben den Ergebniszielen – typischerweise Umsatz, Absatz, Deckungsbeitrag etc. – sollten auch Prozessziele – wie etwa die Neukunden-Besuchsquote oder die Angebots-Hitrate – definiert werden, woraus erfolgsversprechende Maßnahmen abgeleitet werden können. Je nach Unternehmensgröße muss auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit gewährleistet werden. Andernfalls arbeiten die Abteilungen aneinander vorbei. Wenn der Vertriebsmanager eine Aktion plant, muss er das Marketing darüber informieren. Der Vertriebsplan ist kein alleinstehender Plan im Unternehmen, sondern ein Teil des gesamten Unternehmensplans. Viele weitere grundlegende Planungsüberlegungen hängen stark von der Vertriebsplanung ab, beispielsweise die Personalplanung.

Welche spezifischen Aufgabenfelder eines Vertriebsmanagers erleben durch die zunehmende Digitalisierung einen Wandel?

Das Data Management wird im großen Stil durch moderne CRM-Systeme revolutioniert. Hier sind wir mittlerweile an einem Punkt, wo zwar leistungsfähige Systeme installiert werden, die Nutzung sich allerdings noch in Grenzen hält. Im Kern bedeutet das, dass die Vertriebsmannschaft Kundendaten im CRM-System hinterlegt, sich allerdings keine Gedanken um die Auswertung und Verwendung machen.

Die Aufgabe des Vertriebsmanagements liegt aktuell darin, die Potenziale der Digitalisierung bestmöglich auszuschöpfen. Dies umfasst die richtige Interpretation der Datenauswertung und die zielführende Ableitung konkreter Maßnahmen. Auch die Möglichkeiten der sozialen Business-Netzwerke muss der Vertrieb – vor allem der B2B-Vertrieb – stärker nutzen. Gleiches gilt für die unterstützende Automatisierung der vertrieblichen Prozesse. Das binäre Denken im Sinne von Ja/Nein, An/Aus und Gut/Schlecht muss in diesem Segment abgelegt werden. Weg von „oder“, hin zu „und“, hin zu mehr Kreativität. Der Vertrieb lebt davon, dass er kundenorientiert arbeitet. Dafür ist auch ein hohes Maß an Flexibilität essenziell. Ich habe den Eindruck, dass die künstliche Intelligenz den gesunden Menschenverstand verdrängt. Die Folge ist, dass wir die Qualität in unserer Arbeit verlieren. Hier müssen Vertriebsmanager unbedingt entgegenwirken, um dies zu vermeiden.

Wie können Unternehmen ihre Vertriebsmannschaft auf diesen Wandel vorbereiten?

Für mich ist dafür die Vertriebs-Balanced-Scorecard ein gutes Instrument. Geprägt natürlich auch von der unternehmerischen Balanced Scorecard und deren betriebswirtschaftlichen Zielen. Gelingt es dem Vertriebsmanager, die vertrieblichen und unternehmerischen Ziele unter einen Hut zu bringen, Maßnahmen abzuleiten und seinem Team verständlich zu präsentieren, kann er seine Mannschaft gut für den Wandel aufstellen.

Wie sieht in Ihren Augen der „Vertrieb der Zukunft“ aus?

Bunt und vielschichtig. Vertrieb war schon immer so. Man muss ihm dazu aber auch Luft lassen und ihn nicht zwingen, in der Kategorie „Oder“ zu denken. Wir sind nicht nur rational sondern auch emotional gestrickt. Wir können nicht nur technisch argumentieren sondern können auch wirtschaftlich argumentieren.

Kurzfragen

Welche 3 Werte erachten Sie als erfolgsrelevant für Vertriebsmanager?

Psychisch sensible Zielstrebigkeit: Der Vertriebsmanager muss auf der einen Seite fachlich zielstrebig sein, aber auf der anderen Seite auch die psychischen Antennen haben.

Couragierte Kreativität: Manche sind schon kreativ und haben kreative Ideen und Lösungsansätze, aber sie trauen sich nicht.

Gesunder Menschenverstand und Pragmatismus: Pragmatismus bedeutet für mich, dass mir als Vertriebsmanager eine 80-prozentige Lösung lieber ist, als eine nie stattfindende 120 prozentige Lösung.

Wenn Sie in Ihren Vertriebstrainings nur einen einzigen Tipp geben dürften, welcher wäre das?

Hirn einschalten! Ich glaube, dass die meisten Menschen selber Ideen haben, wie sie ihr Problem lösen können. Sie trauen sich nur nicht, sich gegenüber anderen damit durchzusetzen. Deswegen: Hirn einschalten und einfach mal machen!

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