Aus dem privaten Bereich sind Apps und Wearables, die Gesundheitsdaten erfassen, kaum noch wegzudenken. In Arztpraxen und in der Arbeitsmedizin haben diese digitalen Helfer bisher wenig Bedeutung. Trotzdem verändert die Digitalisierung auch die Arbeit der Betriebsärzte. „Die Digitalisierung eröffnet für Betriebsärzte neue Formen der Betreuung. Statt persönlicher Treffen finden Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses in einigen Unternehmen bereits als Videokonferenzen statt. Künftig werden sich auch bei der Betreuung von Arbeitnehmern telemedizinische Anwendungen vermehrt durchsetzen“, so Dr. Wiete Schramm, Fachgebietsleiterin Arbeitsmedizin bei TÜV Rheinland.

Zwar schränken die Berufsordnungen für Ärzte die Fernbehandlung ein, in bestimmten Fällen sind Videosprechstunden und telemedizinische Anwendungen aber durchaus möglich. Bei Beschäftigten, die dem Betriebsarzt durch seine Tätigkeit bereits persönlich bekannt sind, kann beispielsweise eine ärztliche Beratung per Videosprechstunde erfolgen. Bestimmte Untersuchungen, wie zum Beispiel Hör- oder Sehtests, können zudem von medizinischem Assistenzpersonal durchgeführt werden. Die Übermittlung der Befunde, ihre Beurteilung durch den Arzt und die Beratung des Mitarbeiters können telemedizinisch erfolgen. Der Betriebsarzt muss dazu nicht vor Ort sein. Damit wird eine flächendeckende und zeitnahe Betreuung erleichtert. Von Vorteil ist der virtuelle Kontakt zum Betriebsarzt zudem für Arbeitnehmer, die an wechselnden Standorten oder zeitweise im Ausland tätig sind.

Persönlicher Kontakt ist Pflicht
Voraussetzung für die telemedizinische Betreuung im Rahmen der Versorgung, Untersuchung und Beratung ist immer, dass mindestens ein persönliches Treffen zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. „Der persönliche Kontakt mit dem Beschäftigten vermittelt wichtige Informationen. Körpersprache, Haltung, Bewegungen und Stimme sind Beispiele, die allein durch einen Videochat nicht umfassend beurteilt werden können. Auch viele Untersuchungen sind nur bei einem persönlichen Kontakt möglich. Daher ist die Kombination beider Methoden ein guter Weg“, erläutert Schramm.

Allgemeine Beratungen zu Präventions- und Gesundheitsthemen sowie betriebsärztliche Beratungstätigkeiten können grundsätzlich auch per Videokonferenz durchgeführt werden. An ihre Grenzen stößt die Telemedizin bei Arbeitsplatzbegehungen. Hier hat die Erstbegehung immer persönlich zu erfolgen. Die Beurteilung von Einzelarbeitsplätzen ist hingegen im Ausnahmefall auch per Webcam möglich.

Privatsphäre muss sein
Voraussetzung für eine telemedizinische Betreuung ist es, dass sowohl für den Betriebsarzt als auch für den Arbeitnehmer die Möglichkeiten für ein vertrauliches Gespräch, beispielsweise in einem gesonderten Raum, gewährleistet sind. Darüber hinaus müssen die technischen Voraussetzungen vorhanden sein, um im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht Patienteninformationen sicher auszutauschen. Dazu sind die entsprechenden Verbindungen mit modernen Verschlüsselungen zu sichern. „Sind alle Voraussetzungen zum sicheren Datenaustausch vorhanden, ergänzt die Telemedizin die klassische betriebsärztliche Tätigkeit und schafft die Möglichkeit für eine noch effektivere Betreuung“, so Schramm.

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